Heute Morgen auf dem Weg zur Arbeit habe ich über "Schmerz" nachgedacht. Über den, den wir im Laufe unseres Lebens erleben. In Wellen, in Stichen, in leisen Momenten. Schmerz, der sich manchmal in den Alltag schleicht, manchmal laut da ist, einen völlig umhaut und manchmal einfach nur sehr schwer auf der Brust sitzt, ohne sich erklären zu müssen. Ich habe im Laufe der Jahre erst verstanden, wie tief Schmerz sitzen und wie vielschichtig er sein kann.
Ich erinnere mich an Momente, in denen ich temporär nicht mehr fähig war zu atmen und mich einfach nur auf die Straße legen und sterben wollte. Ich wollte das es aufhört. Ich wollte und konnte das nicht fühlen. Mich nicht damit auseinandersetzen. Ich musste erst lernen, Schmerz überhaupt zuzulassen. Lange Zeit war funktionieren einfacher. Sich ablenken, unermüdlich arbeiten, weitermachen, alles unter Kontrolle behalten. Aber irgendwann reicht das nicht mehr. Irgendwann meldet sich das, was wir nicht fühlen wollten. Und wenn es kommt, dann nimmt es mir manchmal die Luft. Es sitzt schwer auf meinen Schultern. Und trotzdem – es gehört zu mir. Zu dem, was war. Zu dem, was fehlt.
Mit dem Tod meiner Oma habe ich eine neue Qualität des Schmerzes kennengelernt, die ich noch nicht kannte und ich spüre diesen Schmerz besonders deutlich. Wenn eine Konstante Deines Lebens stirbt, klafft dort ein riesiges Loch. Es gibt so viele Dinge, die sich gerade verändern, so viele Umbrüche, so viel Unsicherheit – und sie fehlt. Nicht, weil sie immer die perfekten Antworten hatte. Sondern weil sie mir diese ruhige, fast unerschütterliche Form von Vertrauen gegeben hat, die ich selbst manchmal nicht aufbringen kann. Sie war da. Immer. Und ihr Blick hat mir gesagt: „Kind, du schaffst das. Du musst nur weitergehen!“ Wie oft hat Sie meine Hand dabei gehalten. Letzte Woche hat mich jemand aus meiner Vergangenheit gefragt, was in der Zwischenzeit passiert ist und ich habe es zum ersten Mal seit Langem ausgesprochen: Sie ist tot. Der Satz kam, und mit ihm eine Welle. Der Schmerz war plötzlich da – groß, dicht, überrollend.
Ich übe mich darin, nicht mehr wegzulaufen oder auszuweichen. Den Schmerz in meinem Leben nicht mehr zu übergehen, nicht kleinzureden. Sondern ihn da sein zu lassen. Als Teil von mir. Als Teil dieser Geschichte, die mich trägt, auch wenn sie manchmal weh tut. Vielleicht ist genau das der mutigste Schritt: einfach dazubleiben. Das auszuhalten. Im Gefühl. In der Verbindung. Und auch in der Erinnerung. Das ist das, was Du mir beigebracht und vorgelebt hast.
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