Mittwoch, Juni 25, 2025

statik.

Die vergangenen Jahre war es einfach. Ein kurzes Streifen der Wirklichkeit, kein Gepäck, keine Zettel an der Tür. Keine Zahnbürsten. Nähe im Zeitfenster, mit Ablaufdatum und Rückflugoption. Es war sauber. Funktional. Und vor allem: absolut kontrollierbar. Und dann steht da jemand. Ohne Ankündigung, ohne großes Kino. Kein Paukenschlag. Keine Konfettibombe. Nur dieses leise, unausgesprochene Bleiben. Und plötzlich verschiebt sich die Statik. Nichts knallt. Aber alles kippt ganz langsam. Man merkt es nicht sofort. Es beginnt irgendwo zwischen den Schulterblättern zu arbeiten. Auf einmal ist das alte Koordinatensystem nicht mehr zuverlässig. Die Reflexe greifen ins Leere. Die Masken verrutschen. Plan B fällt aus. Es wird still. Und nah. Vielleicht zum ersten Mal wirklich nah.

Dann meldet sich das Archiv: all die alten Muster, fein säuberlich abgeheftet. Das Unzureichende. Die große Frage nach dem Reichen. Die noch größere nach dem Bleiben. Zu viel? Zu wenig? Kopierbar? Austauschbar? Der innere Projektausschuss tagt. Und findet keine Antwort. Aber da ist jemand, der nicht frontal aufläuft, sondern sich einfügt. Kein Umwerfen. Kein Eindringen. Nur Präsenz. Der nicht wegsortiert, sondern sortieren hilft. Der bleibt, nicht weil er muss, sondern weil er längst da ist. Weil etwas sagt: „Ich halte das aus. Und Dich auch.“

Kiss & Stay ist leise. Fast unscheinbar. Aber es macht was mit den Grundfesten. Vielleicht ist das der Moment, wo nicht mehr gespielt wird, sondern echt geprobt. Nicht auf Effekt, sondern auf Substanz. Der Wind draußen bleibt derselbe. Aber innen ist es schon nicht mehr ganz so zugig.

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