Sonntag, Juni 08, 2025

kryptonit.

Du bist wie eine Narbe. Keine rote, wulstige, die für jeden sichtbar ist. Nein, eine kleine, feine, versteckt an einer Körperstelle die meist bedeckt ist. Ein beinahe weißer Strich, der sich nur im Sommer wirklich von meiner leicht gebräunten Haut abhebt. Ein glatter Strich, ohne Risse und Fasern. Genauso wie Dein Ende. 

Eine Narbe, nur sichtbar, wenn ich Menschen ganz nah an mich heranlasse. Wenn ich meinen dicken Pullover ablege, mich ungeschickt bewege und man für einen Moment mehr Haut sieht als erwünscht. Auf einmal wird sie erblickt, die Narbe die ich so gut zu verbergen versuche. Dann kommen Fragen dazu. Und ich möchte so viel erzählen, doch danach bereue ich es stets. Ich blicke in betrübte, beschämte Gesichter. Bei belanglosen Fragen erwartet man nie eine traurige Antwort. Du warst mein Leben, meine Liebe, aber auch mein Kryptonit.

Du bist wie eine Narbe. Manchmal juckst Du, ganz aus dem Nichts und mein kratzen lindert es nicht. Mich erfasst dann eine tiefe Trauer, die mir wortwörtlich die Luft nimmt. Doch manchmal bist Du auch unsichtbar, auch für mich. Die Welt dreht sich weiter. Das zu verstehen kostete mich verdammt viele Stunden, viele Flaschen Weißwein und ein sehr langes Zwiegespräch mit - falls es ihn denn gibt - einem Gott.

So ist das mit Narben. Sie bleiben auf der Haut zurück als Reaktion auf etwas Schmerzhaftes, etwas Einschneidendes. Genau das ist mit meinem Herzen passiert. In dem Moment, als ich den Anruf entgegennahm. Genau in diesem Moment ist der Platz in meinem Herzen, der für Dich reserviert war, explodiert und hat mein Herz zerfetzt.

Der menschliche Körper ist ein unglaublich effizient arbeitendes Konstrukt, ich hätte nie gedacht mich davon zu erholen. Wir überstehen viel mehr, als wir denken. Seither trage ich Dich als Narbe mit mir herum.

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