Nervennahrung Kaiserschmarrn und Sport bis zum Erbrechen, um kurzzeitig aus dem Gedankenkarussell auszusteigen – mäßig erfolgreich.
Zwei deutsche ISAF – Soldaten sind heute bei einem Selbstmordanschlag ums Leben gekommen. Ich bekam die Info zufällig am Rande mit, bevor sie später in den Medien kommuniziert wurde. Die Nachricht ist ein Schlag in die Magengegend und verursacht nach wie vor noch eine Zentimeterdicke Gänsehaut – die Vergangenheit holt mich ein. Lässt mich verweilen in der Erinnerung an das was war.
Die Bundeswehr war fünf Jahre Teil meines Lebens, da mein Ex Soldat ist. Ihn gab es nur im Doppelpack. Er kam frisch von der Offiziersschule als wir uns kennen lernten. Er sagte immer „Du weißt, ich bin Soldat und ich werde mit Sicherheit irgendwann in einen Einsatz gehen müssen.“ ...ich fand diese Vorstellung damals nicht weiter schlimm, habe das erstmal von mir geschoben. Ich betrat Neuland und wusste nicht was es heißt einen Soldaten zum Partner zu haben. Jahre später machte mich das Thema Auslandseinsatz wütend – die Vorstellung Monate ohne ihn und in Sorge zu sein, machte mich hilflos. Er hat sich wie viele andere auch für diesen Beruf entschieden mit allen dazugehörigen Risiken und Aufgaben und er macht diesen Job überaus engagiert mit viel Herzblut. Für mich war es nicht immer leicht, da mir diese Welt „Bundeswehr“ nie vollständig zugänglich war und ich bei Erzählungen manchmal nur den Kopf schütteln konnte. Es ist eine andere – eine eigene Welt. Die Außenwahrnehmung der Alltagswelt der Soldaten ist geprägt von Klischees, Vorurteilen und auch schlichter Unkenntnis. Außenstehende können die psychischen wie physischen Belastungen, die mit einem Auslandseinsatz einhergehen weder für die Soldaten noch für die Angehörigen nachvollziehen.
In den Jahren habe ich großartige Menschen kennen gelernt, die im selben Boot saßen und es sind einige tolle Freundschaften entstanden. Man schlug sich gemeinsam schlaflose Nächte um die Ohren, diskutierte, leistete mentale Aufbauhilfe, hörte einfach nur zu, lachte, scherzte, weinte, holte sich auf den Boden der Tatsachen zurück, ...- man musste sich nicht erklären, keine dummen, unsensiblen Sprüche anhören. Ich habe viel gelernt, bin gewachsen und ich habe Respekt vor den Leistungen der Soldaten. Obwohl mich persönlich seit nun 12 Monaten nichts mehr mit der Bundeswehr verbindet, gehen mir die Anschläge immer noch sehr nahe. Ich weiss, wie die Frauen/ Männer zu Haus sich fühlen, wenn sie die Nachrichten hören und wahnsinnig vor Sorge versuchen nähere, beruhigende Informationen von ihrem Partner zu erlangen. Man denkt in den Momenten sofort an Bekannte und Freunde, die es treffen könnte. Ich habe früher manchmal geträumt, dass es an der Haustür klingelt und sein Kommandeur sowie ein Militärseelsorger betreten davor stehen - ein Albtraum.
Mein tiefes Mitgefühl gilt den Angehörigen der getöteten Soldaten sowie ihren Kameraden, die den Einsatz ohne sie zu Ende bringen müssen. Ich wünsche den Angehörigen, Soldaten und Familien, Frauen und Männern daheim viel Kraft, Unterstützung und Zuversicht in der nächsten Zeit.
Sie waren in Afghanistan, um dort zu helfen, den Frieden zu sichern und wurden bei einem Anschlag getötet. Was bleibt sind Fragen. Ist es nicht eine Illusion zu glauben, man könne mit gutem Willen eine radikale Macht in den Griff bekommen und Frieden schaffen? Ist der Tod der 30 gefallenen Soldaten wirklich erst sinnlos, wenn die Bundesregierung die Bundeswehr aus Afghanistan abziehen würde?