Mittwoch, Dezember 24, 2025

Frohe Weihnachten!

Ihr Raketen, Weihnachten kam schneller, als meine Stimmung mithalten konnte, und meine festliche Energie ist irgendwo hängen geblieben. Ich habe irgendwann mal aufgehört, nach diesem Gefühl zu suchen, das angeblich dazugehören soll. Dieses „Besinnliche“, das nie kam, egal wie viele Kerzen gebrannt haben. Vielleicht liegt der Reiz genau darin, dass nichts Außergewöhnliches passieren muss. Naja vergessen wir den Perfektionismus! Es sind die kleinen Dinge, die tragen und im Herzen bleiben. Ich mag dieses unaufgeregte Weihnachten. Ohne Druck, ohne Erwartungen, ohne das ganze Drumherum, das so oft lauter ist als das, worum es eigentlich geht. Am Ende zählt, dass man Zeit miteinander teilt. Und dass da Menschen sind, bei denen man nichts leisten muss, um richtig zu sein.

Ich wünsche euch ein paar richtig gute Tage mit Menschen, die ihr gern um euch habt. Mit tollen Gesprächen, Stille, die aushaltbar ist, und Momenten, die euch kurz vergessen lassen, was alles laut ist. Lasst das große Besinnliche ruhig weg. Genießt stattdessen das Kleine, das Unaufgeregte, das Reale. Seid vor allem gnädig mit euch selbst. Macht’s euch schön, wie’s passt und wenn gar nichts passt, dann wenigstens warm.

Be realistic, expect miracles!

Dienstag, Dezember 23, 2025

tradition.

Weihnachten 2024 in einem Café in Berlin. Eine Frühstücksetagere mit mehr Leckereien, als zwei Menschen essen können. Wir hatten gute Gespräche, haben gelacht und an einer Stelle kurz geweint. Es ist immer wieder schön, wir sind mittlerweile seit fast 20Jahren befreundet. Und dann fragte meine Freundin neugierig nach ihm. Ich tat das, was ich am besten kann. Ausweichen, lächeln, Thema wechseln. Ich sagte nur, ich hätte dieses leise Gefühl, dass das grundsätzlich richtig gut passen könnte, aber eben nur ein Gefühl. Ich habe mir selbst nicht vertraut und weiter Abstand gehalten. Vorsicht schlägt Intuition, man kennt es. So schlau!

Und jetzt. Weihnachten, ein Jahr später. Wir halten an unserer Tradition fest und treffen uns in der Heimat, wenn ich da bin. Nur mit einer winzig kleinen Ergänzung, die ich letztes Jahr nicht mal im Entferntesten eingeplant hätte. Diesmal bringe ich jemanden mit. Man kann ja viel planen. Aber manchmal schlägt das Leben die besseren Bögen. Auch wenn ich's erst sehr spät kapiert habe. Verrückt. Wenn ich so darüber nachdenke, hat das eine gewisse Situationskomik.

Sonntag, Dezember 21, 2025

waxing.

Meine Weihnachtswoche startet Montag 09:00 Uhr beim Waxing. Sie waxt morgen ihre Stammkundinnen im Akkord - danach fliegt sie nach Brasilien für die nächsten 8Wochen. Ich sag’s, wie’s ist. Das ist kein Beautytermin. Man liegt da, in einer Haltung, die sonst nur Orthopäden sehen und denkt sich: "Warum tue ich mir das jedes Mal an?" Dann reißt es und man weiß wieder, warum. Weil Kontrolle über’s eigene Schmerzlevel irgendwie auch Selbstachtung ist. Wer das übersteht, braucht kein Meditationstraining. Und ja, Hochleistungssport hat viele Gesichter. Außerdem gibt es kaum etwas Absurderes, als über geopolitische Themen zu diskutieren, während Dir jemand die Po-Falte enthaart. Ich liebs. In diesem Sinne startet gut in die letzten Tage! Ich muss danach zurück an den Schreibtisch. 

grenzen.

Ich habe lange gedacht, Grenzen wären etwas, das man nur braucht, wenn man sich schützen muss. Ein Notfallmechanismus, sozusagen. Heute weiß ich, sie sind der Rahmen, in dem ich überhaupt erst existieren kann. Keine Abwehr, einfach die Struktur, die mich zusammenhält. Grenzen haben sich bei mir nicht theoretisch entwickelt, sondern praktisch. Sie sind das Ergebnis von Momenten, in denen ich mich verloren habe, weil ich zu lange viel zu viel gegeben habe. Ich war offen, zugänglich, aufnehmend bis ich irgendwann gemerkt habe, dass Offenheit ohne Filter keine Stärke ist, sondern Selbstaufgabe.

Ich habe gelernt, dass Grenzen nichts mit Distanz zu tun haben. Sie sind kein Nein zur Welt, sondern ein Ja zu mir. Sie sind nicht das Ende von Verbindung, sondern ihre Voraussetzung. Denn ohne Grenze weiß niemand, wo Nähe endet und Übergriff beginnt. Menschen verwechseln Grenzen oft mit Härte. Besonders dann, wenn man sie ruhig zieht. Wenn man nicht mehr diskutiert, nicht mehr erklärt, nicht mehr rechtfertigt. Aber das ist kein Mangel an Empathie. Es ist Klarheit. Ich habe keine Lust mehr, meine Energie an Stellen zu verschwenden, die mich leer machen.

Grenzen sind kein Luxus für sensible Seelen, sie sind Überlebensstrategie in einer Welt, die Dich permanent dazu einlädt, Dich zu überfordern. Sie helfen mir, zu unterscheiden, was wirklich meins ist und was Projektion, Manipulation oder schlicht die Bedürftigkeit anderer. Ich habe verstanden, dass mein System - Körper, Psyche, Intuition - ziemlich genau weiß, wann etwas zu nah kommt. Früher habe ich das übergangen. Heute nehme ich dieses Signal sehr ernst. Das kleine innere Ziehen, die Müdigkeit nach einem Gespräch, der Moment, in dem ich merke, dass mein Atem flacher wird. All das sind Grenzen in feiner Sprache.

Boundary Empowerment klingt so groß, fast modisch und inflationär, aber im Kern bedeutet es etwas sehr Stilles. Ich bestimme, was ich halten kann und wann ich loslasse. Ich darf Nein sagen, ohne Schuld. Ich darf mir selbst näher sein als anderen, ohne egoistisch zu sein. Manchmal stoßen Menschen an meine Grenzen und verstehen sie als Ablehnung. Das ist okay. Ich bin nicht dafür verantwortlich, ob jemand mein Nein mag. Ich bin nur dafür verantwortlich, dass ich es ausspreche. Und jedes Mal, wenn ich das tue, wird mein System ruhiger, stabiler, vertrauensvoller. Ich habe aufgehört, mich für meine Grenzen zu entschuldigen. Sie sind kein Zeichen von Schwäche, sondern von Bewusstsein. Ich brauche sie, um zu funktionieren, um zu fühlen, um echt zu bleiben. Ohne sie würde ich mich selbst in anderen verlieren und das ist ein Preis, den ich nicht mehr bereit bin zu bezahlen.

Grenzen blockieren nicht. Sie sortieren.

128.

Meine Damen und Herren, 128 Posts. In Worten: Hundertachtundzwanzig! Damit habe ich das Jahr 2012 zahlentechnisch eingeholt. Wer hätte das gedacht? Konfettibombe!

Samstag, Dezember 20, 2025

stimmung.

Es ist diese Zeit im Jahr, in der Besinnlichkeit überall herumliegt. In Schaufenstern, in Gesprächen, in wohlmeinenden Nachrichten, zwischen Glühwein und Jahresrückblick. Alle scheinen sie zu haben oder zumindest so zu tun. Ich habe nach ihr Ausschau gehalten. Wirklich. Zwischen Terminen, Deadlines, Gedanken, Verantwortung und diesem latenten Gefühl, dass man jetzt bitte zur Ruhe kommen sollte. Hat überhaupt nicht funktioniert. Besinnlichkeit ist ein sehr interessantes Konzept. Sie wird erwartet, vorausgesetzt, manchmal sogar eingefordert. Als wäre sie eine Haltung, die man einfach einschaltet, sobald die Lichterketten überall hängen. Einmal Warmweiß, bitte. Dabei ignoriert sie hartnäckig, dass innere Zustände keine Termine kennen und sich wenig dafür interessieren, was gerade stimmig wirken soll.

Ich bin erstaunlich wenig bereit, mir eine Stimmung überstülpen zu lassen, die ich nicht fühle. Was viele als besinnlich bezeichnen, fühlt sich für mich oft eher nach einem emotionalem Dresscode an. Nach einem kollektiven Stillhalten. Weichzeichnen. Nach dem unausgesprochenen Wunsch, alles möge bitte rund, mild und kompatibel sein. Mein inneres System arbeitet nur nicht nach Saison. Es reagiert auf Echtheit und die kommt, wann sie will. Manchmal leise, manchmal unbequem. Und oft völlig unromantisch. Klarheit kann sehr still sein und Wahrheit braucht grundsätzlich erstaunlich wenig Kerzenlicht. In 4Tagen ist Heiligabend und ich gucke da drauf und denk mir nur: "WTF? Wann zur Hölle ist das passiert?" Ich bräuchte noch so ein paar Wochen, um in Stimmung zum kommen.

Freitag, Dezember 19, 2025

nachgedacht.

Ich habe heute Morgen, als ich nach Hause lief, darüber nachgedacht, warum Stille manchmal lauter ist als Worte. Stille ist nicht das Fehlen von Klang. Sie ist die Präsenz von allem, was ungesagt ist und bleibt. Kein Vakuum, sondern ein Resonanzraum. Die Summe dessen, was wir nicht aussprechen, aber fühlen. Wenn jemand schweigt, ist nicht nichts da. Sondern Gewicht. Erwartung. Raum. Spiegel. Und manchmal ist Stille kein Rückzug, sondern ein Ankommen. Weil man begreift, dass nicht jedes Ding gesagt werden muss, um zu sein.

zeit.

Zeit ist kein Fluss, sie ist ein Raum. Wir glauben, sie gehe voran. Linear, wie Sekundenzeiger. Aber häufiger stehen wir still, verankert in Orten, in Menschen, in Erinnerungen. Zeit tickt nicht. Sie webt. Sie sammelt. Unhörbar legt sie Schicht um Schicht über unsere Biografien, ohne Erlaubnis, ohne Vorwarnung. Man merkt es nicht sofort. Erst wenn eine Schraube locker wird, der Atem schwerer geht, der Blick tiefer fällt. Dann zeigt sich, was Zeit wirklich tut. Sie trägt uns nicht. Sie lässt nichts aus. Sie hält fest, was war, und konfrontiert uns mit dem, was bleibt. Zeit ist nicht das, was vergeht. Zeit ist das, was bleibt.

Donnerstag, Dezember 18, 2025

narben.

Wir glauben, wir seien glücklich, jeder für sich, bis etwas neben uns tritt, leise, fast unbemerkt, und alles dunkler wird. Man ist nicht vorbereitet auf solche Momente, weil man an Gerechtigkeit glaubt, an eine innere Ordnung der Dinge, an Liebe als Schutzraum und an das Leben als Versprechen. Ich glaubte an Deine Unverwundbarkeit, daran, dass manche Menschen einfach bleiben. Als der Schatten kam. Es war so still und genau das machte es endgültig. Es ist, als würde jemand den Fokus nachziehen, als würde für einen winzigen Moment alles scharfgestellt und man erkennt einen Teil der Wahrheit, den man nie sehen wollte. Der Tod passt nicht ins Leben, er fügt sich nicht ein, er reißt. Ein Augenblick und plötzlich steht man ohne Haut da, nackt und kaputt.

Heute weiß ich, dass das, was danach kommt, kein Zurück ist. Man lebt weiter, aber anders. Die Narben bleiben, nicht als offene Wunden, sondern als Erinnerung an die Möglichkeit von Verlust. Sie bluten nicht mehr, aber sie sind da. Das Leben kehrt zurück, leise und vorsichtig, mit neuen Farben, neuen Menschen, neuen Momenten, die nichts ersetzen, aber etwas Eigenes schaffen. Nähe fühlt sich anders an, bewusster, nicht aus Misstrauen, sondern aus dem Wissen heraus, dass nichts selbstverständlich ist. Und wenn ich heute am Meer sitze, werfe ich manchmal immer noch Steine in das spiegelglatte Wasser. Nicht aus Sehnsucht, sondern aus einem stillen Ritual heraus. Dann glaube ich nicht aus Naivität, sondern aus Notwendigkeit daran, dass Du sie findest, dort, wo der Himmel blau ist und nichts mehr endet. Vielleicht ist das geblieben. Keine Unverwundbarkeit, keine Kälte, sondern Tiefe. Man wird nicht heil. Man wird wach. Vernarbt.

Ich denke gerade an Weihnachten 2007/ 2008. Ich kann mich nicht mehr erinnern, was Du mir geschenkt hast, aber ich weiß noch, was wir gekocht haben. 

resonanz.

Es gibt Gespräche, die bestehen nicht aus Worten. Oder besser, nicht nur. Sie entstehen in den Pausen, in den Blicken, die einen Moment zu lange halten, in dem kurzen Innehalten, bevor jemand antwortet oder sich entscheidet, es nicht zu tun. Ich habe gelernt, dass Verbindung selten laut beginnt. Sie wächst nicht aus Erklärungen oder großen Sätzen, sondern aus Aufmerksamkeit, aus dem Ernstnehmen dessen, was nicht ausgesprochen wird. Manchmal sagt jemand etwas ganz furchtbar Banales, und doch verändert sich der Raum. Nicht wegen des Inhalts, sondern wegen der Haltung dahinter. Weil jemand wirklich da ist, nicht wartet, nicht plant, nicht bewertet. Sprache ist dann nicht Information, sondern Resonanz(!). Ein leises „Ich sehe Dich“, ein „Ich halte das mit Dir aus“, ein gemeinsames Verweilen im Unfertigen. Ich merke, wie wenig Worte es braucht, wenn Vertrauen entsteht, wie entlastend es ist, nicht alles benennen zu müssen, und wie viel Nähe darin liegt, dem anderen und sich selbst zu erlauben, unvollständig zu sein, ohne sofort eine Antwort, eine Lösung oder eine fertige Richtung zu verlangen. Vielleicht ist das die eigentliche Sprache der Verbindung? Nicht das Gesagte, sondern das Gemeinte, nicht das Erklärte, sondern das Geteilte.

Mittwoch, Dezember 17, 2025

notfall.

Es gibt Augenblicke, die klingen in Filmen deutlich besser als im echten Leben. Zum Beispiel nachts vor einer Tür stehen und jemandem seine Liebe gestehen. In der Theorie sehr mutig. In der Praxis vor allem sehr überraschend. Ich stand da, barfuß, leicht übermüdet, irgendwo zwischen Mitgefühl und der Frage, ob ich gerade Teil eines Dramas oder eines sehr missverstandenen Moments bin. Er sagte große Sätze. Von Gefühl, von Bedeutung, von „das musste jetzt raus“. Ich holte zwei Gläser Wein. Nickte höflich, während mein Kopf parallel organisierte, die Situation einzuordnen, Grenzen zu halten, niemanden zu verletzen, aber trotzdem sehr deutlich zu sein und bitte keine Szene. Liebe, so viel weiß ich, ist nicht unbedingt ein Notfall, der nachts an der Tür klingeln muss. Sie hält auch Tageslicht aus. Und Kaffee oder Tee. Und ein Gespräch, bei dem beide richtig wach sind. Als die Tür wieder zu war, blieb vor allem ein Gedanke - Mut ist gut. Timing aber auch.

Dienstag, Dezember 16, 2025

yoga.

Wir sitzen in der Küche. Er erzählt. Ich höre aufmerksam zu. Und fange einfach mal an, mein Hemd langsam aufzuknöpfen, dann die Hose und mich auszuziehen. Er schaut irritiert. „Was genau machst Du da?“ Ich lächle. „Mich fürs Yoga umziehen.“ Die 30 Minuten bis zu meiner Yoga-Class haben wir optimal genutzt.

stille.

Das war ein fulminantes Wochenende. Es gibt diese besondere Stille nach einem richtig guten Wochenende. Nicht die unangenehme Stille. Auch nicht die, die etwas vermisst. Eher eine, die Platz lässt. Alles war da. Großartige Gespräche, Lachen, Liebe, Leichtigkeit, Ernsthaftigkeit, so viel Nähe. Nicht zu viel, nicht zu wenig. Und dann ist es vorbei. Früher habe ich dieses Danach falsch gelesen. Als Leere. Als etwas, das man schnell wieder füllen müsste, damit es nicht kippt. Heute weiß ich, dieser Stille fehlt nichts. Sie stimmt. Sie ist kein Abbruch, sondern ein Nachhall. Wie ein Raum, in dem noch Wärme hängt, obwohl niemand mehr spricht. Man muss nichts nachschieben. Nichts erklären. Nichts retten. Ein gutes Wochenende hinterlässt keine Unruhe, sondern Ordnung. Und die fühlt sich leise an. Ich habe gelernt, dieser Stille zu trauen. Nicht alles, was ruhig ist, ist leer. Manches ist einfach ziemlich vollständig.

Montag, Dezember 15, 2025

versionen.

Es gibt eine Version von mir, die mag Weihnachten nicht besonders. Nicht aus Trotz, nicht aus Bitterkeit. Eher aus Klarheit. Es ist meistens zu viel Bedeutung auf zu engem Raum. Zu viele Erwartungen, die man plötzlich erfüllen soll, nur weil das Datum es verlangt. Zu viele Gefühle, die gleichzeitig korrekt und unpraktisch sind. Ich mag einfach keine verordnete Besinnlichkeit. Kein Pflichtgefühl in Geschenkpapier. Keine Nähe, die funktioniert haben muss, weil man sie sonst erklären müsste. Weihnachten bringt sehr sehr gern alte Rollen zurück. Dinge, von denen man dachte, man hätte sie längst abgelegt. Man sitzt am Tisch und merkt, dass manche Versionen von einem selbst erstaunlich hartnäckig sind.

Ich habe grundsätzlich überhaupt nichts gegen schöne gemütliche Lichter. Auch nichts gegen gutes Essen oder ruhige Abende. Ich liebe tolle Tischgespräche. Ich mag nur den Anspruch nicht, dass alles plötzlich heil sein soll. Diese Version von mir sucht kein großes Gefühl. Sie sucht einfach Ruhe. Einen klaren Rahmen. Und Menschen, die nichts von mir wollen, außer da zu sein. Weniger Erwartungen. Mehr Ehrlichkeit. Und genug Abstand, um mich selbst nicht zu verlieren.

Sonntag, Dezember 14, 2025

gewicht.

Ich schreibe Dir nicht, weil ich eine Antwort erwarte. Antworten interessieren mich nur, wenn sie etwas verändern. Du tust das nicht. Ich schreibe Dir, weil Du Dich hartnäckig genug hältst, um eine Fußnote in meiner Identität zu verdienen. Nicht laut. Eher wie ein feiner Riss im Fundament, unsichtbar für alle anderen, aber spürbar, sobald man still genug wird. Du bist kein Problem. Dafür bist Du zu präzise. Du bist ein Hinweis. Ein leises Gewicht, das mich daran erinnert, wo ich war, wo ich stehengeblieben bin und wohin ich ganz sicher nicht zurückgehe. Identität entsteht selten in den lauten Momenten. Sie baut sich aus genau solchen Fragmenten wie Dir. Dingen, die sich festsetzen, ohne zu fragen, und die man irgendwann mitträgt, weil sie ehrlicher über einen sprechen als jede Entscheidung.

Nenn Dich, wie Du willst. Trigger, Erinnerung, Konsequenz. Für mich bist Du ein Marker. Ein stilles „Hier war etwas wichtig“. Und manchmal auch ein „Hier war etwas zu viel“. Identität ist keine saubere Angelegenheit, sie wächst an den Rändern, nicht im Zentrum. Ob Du bleibst? Keine Ahnung. Vielleicht löschst Du Dich irgendwann selbst, weil Du keinen Platz mehr hast. Vielleicht bleibst Du auch, so unscheinbar wie immer, und erinnerst mich daran, welche Version von mir längst ausgedient hat. So oder so, danke für nichts. Und doch für alles. Manche Gewichte verschwinden nicht. Aber sie verändern, wie man steht. Und manchmal reicht genau das.

Samstag, Dezember 13, 2025

feldstudie.

Ich habe etwas herausgefunden. Rein wissenschaftlich natürlich. Man muss ja Daten sammeln, wenn man wissen will, womit man es eigentlich zu tun hat. Sein Geruch bleibt exakt zwei Nächte lang in seinen Shirts, wenn ich sie in seiner Abwesenheit trage. Zwei. Nicht eine mehr. Nicht eine weniger. Danach ist es nur noch Stoff. Neutral. Ohne Aufladeeffekt. Ich habe das gar nicht geplant, das hat sich einfach ergeben. Nennen wir es eine zufällige Feldstudie im Bereich ,unerwartete Biochemie im Schlafzimmer'. Er hat jetzt eine sehr wichtige Aufgabe. Methodisch sauber. Reproduzierbar. Nachladen. Regelmäßig. Sonst bricht die gesamte Datengrundlage zusammen. Und das will ja niemand. Wissenschaft lebt schließlich von Verlässlichkeit. Und ich schlafe so tatsächlich viel besser und ruhiger. 

Freitag, Dezember 12, 2025

leere.

Leere wird oft missverstanden. Die meisten halten sie für ein schwarzes Loch, das man schnell füllen muss, damit man sich selbst nicht hört. Dabei ist sie kein Fehlen, sondern ein Prüfstand. Ein Raum, der nichts kaschiert und niemanden schont. Sie wiegt nicht, weil sie leer ist, sondern weil sie alles abzieht, was man sich sonst einredet. Ein stiller Druck, der nur auftaucht, wenn man aufhört, sich durch Geräusche oder Menschen zu betäuben und abzulenken. Leere ist so brutal ehrlich. Sie sortiert aus, was nie Substanz hatte, und lässt nichts durchgehen. Weder die Ausreden noch die Versionen von einem selbst, die man gepflegt hat, weil sie bequem waren. Sie macht niemanden schwächer, sie zeigt nur, wer ohne Füllmaterial überhaupt noch Haltung hat. Und das ist der eigentliche Grund, warum sie so schwer wirkt. Leere spiegelt nicht das, was man zeigt, sondern das, was übrig bleibt, wenn der ganze Lärm weg ist. Die meisten halten das nicht aus. Für mich ist Leere kein Mangel, sondern ein Maßstab. Und vielleicht erträgt man sie deshalb so schwer. Nicht weil sie fehlt, sondern weil sie zeigt, was nie da war.

Mittwoch, Dezember 10, 2025

weihnachten.

Das erste Weihnachten ohne sie. So oft darüber nachgedacht, wie das wohl mal sein wird. Früher. Ich habe den Gedanken immer weggeschoben, weil ich das nicht ausgehalten habe. Krass und jetzt stehen wir da und es wird das erste Weihnachten ohne sie. Es ist einfach soweit, ohne Rückfrage, ohne Vorbereitung, ohne Übergang. Man glaubt ja immer, man hätte noch Zeit, bis man merkt, dass Zeit irgendwann einfach aufhört. Alles in mir weiß, dass sie fehlt. Nicht laut, nicht dramatisch. Eher wie ein Raum, der plötzlich zu groß ist, weil der wichtigste Mensch nicht mehr darin steht. Ich vermisse ihr Lachen und ihre Zuversicht.

weihnachtspost.

Und dann läufst Du morgens zur Firma, denkst währenddessen über die Organisation der Weihnachtspost nach und plötzlich wird Dir bewusst, dass Du die bis dato wichtigste Karte nicht mehr schreiben wirst. Nie wieder. BÄM! In your face. Das kickt nochmal anders. Ich denke an die letzten Karten, die ich ihr geschrieben habe. Wie sehr kann man sich über Karten freuen? Sie war der Master der Freude über diese kleinen Dinge. Jedesmal klingelte mein Telefon, wenn sie Post bekam.

Dienstag, Dezember 09, 2025

pläne.

Dezember 2025 und die halbe Urlaubsplanung 2026 steht bereits. Das gab's auch noch nie. Und ich musste noch in keine Tüte atmen. Fühlt sich richtig gut an.

Sonntag, Dezember 07, 2025

demut.

Dieses Jahr hat mich nicht einfach nur begleitet. Es hat mich gepackt, geschüttelt, geworfen, als wollte es prüfen, wie viel ein Mensch tragen kann und wie viel ein Herz aushält, bevor es sich neu sortiert. Es hat mich gefordert, in Momenten, in denen ich eigentlich nur atmen wollte. Es hat mich geweitet, an Stellen, von denen ich gar nicht wusste, dass sie Platz machen können. Es hat mir genommen, unvermittelt, endgültig, schmerzhaft klar. Und es hat mir gegeben, in einer Intensität, die mich manchmal selbst erschreckt. Und jetzt, im Endspurt, kurz vor der Ziellinie eines Jahres, das sich wie ein ganzes Jahrzehnt anfühlt, sitze ich da am Rand, zwischen einem Abschied, der nie ganz leise wird, und einem Ankommen, das mich immer noch staunen lässt.

Da ist Liebe, die mich findet. Da ist Demut, die mich weich macht. Da ist dieses seltsam warme Gefühl, dass Chaos manchmal genau die Form hat, die man braucht, um sich selbst wiederzuerkennen. Und ich denke: Fuck, wie verrückt das alles ist. Wie unerwartet. Wie unlogisch. Wie wunderschön. Wie gleichzeitig das alles. Ein Durcheinander aus Schmerz und Zuversicht, aus Erinnerung und Zukunft, aus Verlust und einem „Wir“, das ich niemals so habe kommen sehen. Und wie seltsam richtig es sich anfühlt. So richtig, dass ich lächeln muss. Trotz allem. Wegen allem. Wir sind einfach so verdammte Glückskinder. Ich bin wirklich dankbar. 

Freitag, Dezember 05, 2025

kanten.

Manchmal falle ich kurz zurück in Räume, in denen es zugig war. In Erinnerungen, die alles andere als schön sind. In Momente, die mich geformt haben wie kaltes Eisen unter einem Hammer. Es gibt Bilder, die sich nicht verabschieden, niemals. Sie wechseln nur den Aggregatzustand, von laut zu leise, von scharf zu dumpf. Aber sie bleiben. Immer. Ich fühle den alten Schmerz. Da ist dieses verdammte Friedhofstor in meinem Kopf. Dieses Geräusch, dieses Schlagen. Es trägt bis heute eine Endgültigkeit in sich, die kein Mensch je wieder aufmachen kann. Und manchmal, wenn ich nicht aufpasse, stehe ich wieder davor. Zehn Jahre später. Sechszehn. Scheißegal. Es rüttelt irgendwo in mir. Nicht lange, nur ein Atemzug. Aber es reicht, um mich still werden zu lassen. Eine Erinnerung mit scharfen Rändern. Und dann schaue ich neben mich, in das Jetzt. In jemanden, der mich anschaut, als hätte er begriffen, dass ich manchmal an Orten stehe, die man nicht erklären kann. Und plötzlich ist da nur Präsenz. Boden. Wärme. Ein Gegenpol zu all dem, was jemals kalt war. Ich muss mich manchmal selbst kneifen, weil das Leben jetzt weicher aussieht, als es sich anfühlt. Weil ich in mir drinnen noch auf harte Kanten vorbereitet bin und stattdessen Hände finde, die halten.

Ich verschwinde manchmal für eine Sekunde. Aber ich komme zurück. Immer. Und jedes Mal ein Stück mehr ganz.

Donnerstag, Dezember 04, 2025

besinnlichkeit.

Alle krank. Überall Chaos. Ich jongliere Termine, Befindlichkeiten und Todos - versuche alle Bälle irgendwie in der Luft zu halten und nichts zu vergessen. Aber gut. Atmen, lächeln, weitermachen. Eins nach dem anderen. Manchmal ist das der einzige Plan, der funktioniert. Wer hat eigentlich mal diese famose Behauptung aufgestellt, die Vorweihnachtszeit sei besinnlich? Es ist jedes Jahr die absolute Hölle.

Mittwoch, Dezember 03, 2025

freeze.

Es ist sehr seltsam, im beruflichen Umfeld plötzlich umarmt zu werden. Vor allem, wenn man eigentlich im „professionellen Modus“ ist und der Körper fest damit rechnet, dass maximal Argumente oder Agenda-Punkte auf ihn zukommen. Aber ganz sicher keine Arme. Von jemandem, der eigentlich fremd ist. Und dann passiert es doch. Jemand lehnt sich vor, zieht Dich kurz an sich, schneller als Du reagieren kannst, und mein ganzes System macht exakt das, was es gelernt hat: Salzsäule. Reglos. Ein innerer Freeze wie aus dem Lehrbuch. Während mein Kopf denkt: „Was passiert hier? Was genau ist jetzt das Protokoll? Und wohin mit meinen Armen, ohne dass es komisch wird?“ Vielleicht liegt es daran, dass berufliche Nähe anders codiert ist. Klarer. Distanzierter. Ich mag und schätze diese Distanz. Wenn wir zusammen im Dreck gestanden haben und mindestens einmal richtig miteinander abgestürzt sind, können wir reden.