Samstag, September 27, 2025

protokoll.

Ich lag da. Und alles wurde stumm. Nicht leise, stumm. Kein Schrei, kein Flattern, nur das helle Summen hinter der Stirn. Das Flimmern in den Ohren, wenn Blut zu laut wird. Die Welt lief weiter. Ich nicht. Klebte zwischen zwei Atemzügen fest, die nichts mehr wollten. Hände ohne Auftrag. Haut ohne Grenze. Ich war nicht dabei. Nur noch ein Blick von außen auf etwas, das mal Ich war. 

Stillstand schmeckt nach Metall. Nach Raum ohne Wände. Kein Ja. Kein Ich. Kein Davor. Nur dieses Ausgeliehen-Sein. Entkoppelt. Entrückt. Der Körper wurde abgelegt, der Wille mit ihm. Die Zeit lief aus. Später dann: Protokoll. Lächeln wie ein Reflex. Schritte auf bekanntem Boden mit unbekannten Knochen. Haut wie Theaterstoff. Bewegungen auswendig gelernt. Der Schlaf meidet mich, wenn es dunkel wird. Weil der Körper mehr erinnert als der Kopf erlaubt. Dann flackert es unter dem Brustbein. Lautlos. Rückwärts. Ich tue dann, was man eben tut, zusammensetzen, richten, weitermachen. Man sieht es nicht. Man soll es nicht.

Manchmal, wenn es still wird, zu still, kriecht sie zurück die Ohnmacht. Ohne Bild, ohne Ton, aber mit Gewicht. Sie hockt im Zwerchfell, zieht die Schultern tief. Und dann weiß ich wieder, wie sich nichts anfühlt. Wie alles kippt, wenn niemand hält. Nur kurz.

Freitag, September 26, 2025

mut.

Mut ist selten laut. Kein Instagram-Motto. Mut ist nicht das große Auftreten, nicht die Show, nicht die große Geste. Mut zeigt sich im Kleinen. Wenn man bleibt, obwohl man weglaufen möchte. Wenn man ausspricht, was man eigentlich am liebsten verschweigen will. Wenn man die eigenen Schatten ansieht, anstatt sie noch eine Schublade tiefer zu drücken.

Mut ist auch, nicht immer stark sein zu müssen. Schwach zu wirken, zu stolpern, weinen, Fragen zu stellen, ohne Antworten zu haben. Das auszuhalten, braucht mehr Kraft als jeder Panzer. Mut heißt, die Kontrolle fallen zu lassen. Einen Schritt zu machen, ohne Netz, ohne Garantie. Nicht zu wissen, ob etwas gut geht, und es trotzdem zu wagen. In der Liebe. Im Job. Im Leben. Am Ende ist Mut kein Kampf gegen die Angst, sondern der Entschluss, trotz der Angst zu handeln.

Donnerstag, September 25, 2025

schritte.

Sie zählt Schritte, nicht Silben. Worte haben ihren Kurs verspielt – zu oft zu viel versprochen, zu selten eingelöst. Sie hört zu, ja, aber was hängen bleibt, sind die Lücken dazwischen. Die Pausen. Die Stille danach. Sie schaut nicht mehr darauf, was jemand sagt. Sondern wohin er sich bewegt, wenn es unbequem wird. Sie hat gelernt, dass man Nähe nicht sagen kann. Man muss sie gehen. Dass echte Absichten keine großen Erklärungen brauchen, sondern kleine Entscheidungen, die man sieht. Denn Sätze wiegen nichts, wenn sie keinen Boden unter den Füßen haben.

Mittwoch, September 24, 2025

brandmelder.

Sie geht durchs Leben, als würde sie die Brandmelder rausdrehen, während es längst brennt. Alles klappt hoch: Vergangenheit, Existenz, Liebe. Sie lacht darüber, weil Lachen leichter ist als schreien. Sarkasmus als Panzer, Witz ihr Messer. „Kein Problem“, sagt sie, wissend, dass genau da das Problem liegt.

Sie will Nähe, und sobald sie spürbar wird, stößt sie dagegen, testet die Festigkeit, so als müsste sie prüfen, ob sie trägt. Sie schickt Mittelfinger als Herz, Herzen als Fragezeichen. Ihre Eifersucht tarnt sie als Pointe, dabei ist sie der Beweis, dass ihr etwas verdammt wichtig ist. Ihre Narben trägt sie wie Glitzer, doch der Schnitt darunter bleibt sichtbar. Sie lacht laut, wenn es wehtut und stellt Fragen wie Scherze, deren Antworten mitten ins Herz treffen. Sie will Sicherheit und zündet genau im Moment, wo sie greifbar scheint, ein Feuerwerk aus Zweifeln.

Souverän, ironisch, unnahbar und heimlich hofft sie, dass jemand bleibt, wenn die Show vorbei ist. Dass jemand den Schnitt sieht, nicht nur den Glitzer. Dass jemand sie aushält, roh, kryptisch, widersprüchlich. Unbequem. Die andere Seite ist weich, liebevoll, verletzlich, verbindlich. Sie will ankommen, nicht ständig kämpfen. Die Härte schützt die Weichheit, die Weichheit macht die Härte erträglich. Sie ist nicht entweder-oder. Sie ist all das auf einmal. 

gleichzeitigkeit.

Es ist, als würde das Leben alle Schubladen gleichzeitig aufreißen. Dinge, die jahrelang sorgfältig verschlossen waren, fliegen hoch. Das, was verdrängt wurde, kracht zurück ins Bewusstsein wie ein Schlag. Und während die Vergangenheit schreit, drückt die Gegenwart von allen Seiten. Schonungslos. 

Sonntag, September 21, 2025

ego.

Wenn nichts bleibt, wird Lärm zum letzten Halt. Man wirft Schatten auf Wände, in der Hoffnung, jemand glaubt, es sei Substanz. Nährt sich vom Widerhall, nicht vom Wort. Und wenn das Echo ausbleibt, schreit das Ich in Bildern, die keiner mehr sieht. Kein Spiegel, kein Halt, nur das Flackern eines Egos, das sich selbst nicht halten kann.

Donnerstag, September 18, 2025

reflexe.

Manche Schnitte bluten nicht mehr. Aber sie schreiben weiter. Unter der Haut. In den Reflexen. Im Zucken vor der Berührung. In der Pause, bevor man antwortet. Es sind nicht die Narben, die schreien. Es ist das Echo der Stelle, an der man damals beschlossen hat, nie wieder weich zu sein. Man hat gelernt, Türen zuzuhalten. Und dann steht da einer, der nicht drückt. Und plötzlich spannt alles dagegen.

Montag, September 15, 2025

bewegung.

Einige Wege beginnen nicht mit einem Schritt, sondern mit dem Innehalten. Mit dem Moment, in dem man nicht mehr wegschaut. Bewegung ist selten laut. Sie raschelt. Schiebt sich durch Gedanken, legt sich unter die Haut, verlagert Gewichte. Und plötzlich rücken Dinge zurecht, die sehr lange schief standen. Man tut nichts und tut alles. Es ist kein Rennen. Kein Sprint. Kein „jetzt oder nie“. Es ist das leise Neigen der Richtung. Das Auflösen von Ausreden. Das Erkennen, dass Stillstand vielleicht temporär bequemer, aber nicht wahr ist. Man verwechselt Stille mit Gleichgültigkeit. Warten mit Bequemlichkeit. Und das Nicht-in-die-Gänge-kommen mit einem „Will nicht“. Dabei brodelt es längst.

Bewegung beginnt oft dort, wo man sie nicht sieht. Wenn der innere Kompass zittert. Wenn jeder Schritt wie ein Verrat an der alten Ordnung wirkt. Wenn das Neue ruft, aber das Alte noch zu laut ist, um es zu ignorieren. Manchmal ist Nicht-Handeln das Ergebnis von zu viel. Nicht zu wenig. Zu viele Stimmen, zu viele Erwartungen, zu viele verknotete Erinnerungen. Und doch: Es bewegt sich. Langsam. Leise. Vorwärts.

Montag, September 08, 2025

frost.

Es gibt Tage, da fühlt sich Verantwortung an wie eine alte, vertraute, viel zu schwere Jacke. Sie zieht sie morgens an, weil sie nicht weiß, wie sie ohne sie das Haus verlassen soll. Man gewöhnt sich an das Gewicht, bis man den Unterschied kaum noch spürt. Nur nachts, wenn alles leise wird und niemand hinsieht. Die Luft ist kühl. Draußen schläft die Stadt, drinnen tobt das Denken. Die Gedanken kreisen im Raum, bodenlos und ohne Namen. Es wäre so leicht, einfach zu verschwinden. Aber da ist jemand, für den man bleibt. Ein Herz, das nicht nur das eigene ist. Das Leben ist ein geputztes Glas, randvoll mit Pflichten, feine Risse, die niemand sieht. Sie übt das Schweigen, lächelt sich durch alle Fragen, hält alles zusammen, hält alles aus. Manchmal glaubt sie, der Frost im Herzen sei das Einzige, was sie schützt. Sie zählt die Atemzüge, einen nach dem anderen, leise, zäh. Man nennt das wohl Stärke. Sie nennt es Überwintern. Vielleicht ist der größte Mut, zu bleiben, zu atmen, zu warten, bis die Tür irgendwann wieder zufällt und die Kälte langsam auszieht.

Sonntag, September 07, 2025

alte muster.

Sie trägt ihre Rüstung aus Selbstbeherrschung und schweigt, macht alles mit sich allein aus, während das Herz leise und wild tobt. Manchmal ist ihre größte Kunst, dass niemand merkt, wie müde sie eigentlich ist. Sie lächelt höflich. Man nennt das wohl Stärke. Da sind sie - die alten Muster. Willkommen zurück!

Dienstag, September 02, 2025

pommes und wein.

Gestern: Pommes & Wein. Ich liebe alles daran.
 
Jetzt, ein paar Monate später, gehst Du mit ihm an dieser einen Stelle vorbei, und plötzlich ist da eine Geschichte, die weitergeht. Dieses - weißt Du noch, wie wir da standen und beide dachten, "Das war’s. Den/ Die sehe ich höchstwahrscheinlich nie wieder.", als jeder in seine Richtung ging? Ich glaube, wir haben damals beide nicht geahnt, dass dieser eine letzte Kuss eigentlich der erste war. Manchmal ist das Leben einfach so viel besser als jede Theorie.