Letzten Mittwoch hast Du meine Hand fest gedrückt und die ganze Zeit nicht losgelassen. Deine Augen haben gestrahlt und gelacht, als Du die Untermieterin und mich erkannt hast. In diesem Moment warst Du ganz da. Du konntest es gar nicht fassen, dass wir tatsächlich da sind trotz der großen Entfernung. Du hast gelächelt und gesagt: „Ich komme euch bald besuchen.“
Zwischendurch bist Du immer wieder im tiefen Nebel verschwunden, und ich habe jede Deiner Bewegungen beobachtet. Deinen Blick, der ins Leere glitt. Deine Hände, die so vertraut und doch so zerbrechlich wirkten. Ich wollte mir jedes Detail genau einprägen, als könnte ich damit die Zeit anhalten. Es hat Dich sichtlich Kraft gekostet, Dich zu konzentrieren, bei uns zu bleiben, diesen Moment mit uns zu teilen. Beim Abschied habe ich Dich immer wieder fest umarmt und geküsst. Am liebsten hätte ich Dich überhaupt nicht losgelassen – weil ich nicht wusste, ob es vielleicht das letzte Mal ist.
Seit Samstag hat sich Dein Zustand rapide verschlechtert. Du isst und trinkst kaum noch, selbst die Tabletten bleiben nicht in Dir. Dein Körper ist voller Wasser, und Du bist so verändert. Abwesend. Du möchtest nicht mehr aufstehen. Alle machen sich große Sorgen – auch die Pflegekräfte. Am Telefon hat meine Mutter heute geweint. Sie sucht noch nach Erklärungen, nach einem Schuldigen, klammert sich an die Hoffnung, dass es doch noch besser werden könnte. Aber sie hat auch das ausgesprochen, was ich schon länger denke, aber nicht wahrhaben wollte: Dein Körper hat wahrscheinlich keine Kraft mehr.
Du bist müde. Ich sehe es. Wir alle sehen es. Und es bricht mir das Herz. Aber vielleicht ist es jetzt Zeit, loszulassen – auch wenn es noch so weh tut. Du hast so viel gegeben, so viel geliebt. Du bist so wichtig für uns. Und das wirst Du immer bleiben.