Donnerstag, Juli 24, 2025

systemkoppelung.

Zwei Systeme. Eigenfrequenzen, komplex verschaltet. Kein Aufprall, kein Widerstand. Nur Verbindung, stille Kopplung. Keine Masken, keine Oberfläche. Rohsignale im Austausch. Nervenschaltungen, die einst nur reagierten, kalibrieren neu: auf Halten. Kein Sollen, kein Müssen. Nur ein bewusstes Bleiben.

Zwei Systeme in Echtzeit. Offen. Roh. Klar. Ein Gleichklang, der nicht sucht, sondern trägt. Weil das System sich längst leise selbst justiert und austariert.

Mittwoch, Juli 23, 2025

splitter.

Es war, als hätte jemand den Ton aus der Welt genommen. Alles lief weiter, aber ohne Klang. Kein Echo, kein Herzschlag, keine Kontur. Etwas bleibt. Wie Dunst in den Rippen. Lautlos. Schwer. Die Luft riecht nach damals, manchmal. Undefiniert. Plötzlich. Körper reagieren schneller als Gedanken. Ein Flimmern unter der Haut, das nicht fragt, nur meldet. Stillstand im Innern, während alles weiterläuft. Lächeln als Tarnung, Schlaf als Verhandlung. Die Nacht ist nie bloß dunkel. Manchmal liegt da etwas im Raum, das keinen Namen trägt. Es atmet mit. Sitzt still in der Ecke. Bewegt sich nicht. Und bleibt doch. Ein Schatten, der nicht verzieht, auch wenn das Licht angeht. Zieht Linien in Nerven, die längst vergessen wollten. Man funktioniert, meistens sogar sehr gut. Der Körper spricht weiter, obwohl man längst verstummt ist. Da ist kein Vertrauen, nur Taktik. Kein Hunger, nur Beweis. Irgendwann wird selbst der Schmerz still. Nur das Herz stolpert manchmal noch.

Ich habe mich verteilt, gestreut, hingelegt wie ein offenes Messer. Nicht um zu lieben. Sondern um nicht zu ersticken. Und trotzdem ein Teil blieb. Tief unten. Verbissen, wild, unzerstört. Der wollte fühlen. Lieben. Spüren. Der wollte sich zurückreißen, Stück für Stück, aus dieser tauben Haut. Der Weg zurück war kein Weg. Eher ein Stürzen. Man lernte nicht zu fühlen, man kämpfte darum. Gegen den Widerstand im eigenen Nervensystem. Man hat sich längst selbst eingesammelt, in Bruchstücken und neu zusammengesetzt. Doch dazwischen: Splitter.

Montag, Juli 21, 2025

archiv.

Ich hätte etwas schicken können. Hätte sogar was Witziges gehabt, pointiert, klug, mit doppeltem Boden. Hätte sitzen können. Vielleicht sogar Wirkung hinterlassen. Aber ich hab’s gelassen, weil es nichts verändert hätte, außer der Atmosphäre. Kälte, wo’s gerade warm war.

Es ist leicht, scharf zu sein, wenn man gerade klar sieht. Aber ich lerne, auch Klarheit ist kein Freifahrtschein. Manchmal ist sie einfach nur still. Erkenntnis ohne Sendeknopf. Ich hab’s wiederentdeckt, gelesen, verstanden, geschmunzelt. Und dann da gelassen, wo es hingehört: bei mir. Nicht alles, was man sagen könnte, muss gesagt werden. Manchmal reicht es, zu wissen, dass man es könnte. Und nicht muss.

Sonntag, Juli 20, 2025

muster.

Alte Muster sind wie schlechte Ex-Beziehungen. Man weiß, dass sie vorbei sind, aber sie tun so, als hätten sie Hausrecht. Sie gehen nicht, weil man es will. Sie kleben. Man merkt erst, wie tief sie sitzen, wenn man etwas anderes versucht. Nähe zum Beispiel. Oder Ruhe. Dann kommen sie, wie ein Reflex. Kontrollieren, zurückziehen, ausweichen. Wer Gefühle will, soll sich halt durch mein inneres Minenfeld navigieren. Aber mit verbundenen Augen und ohne Karte. Es ist so so anstrengend, sie nicht zu bedienen.

Muster sterben nicht leise. Sie kommen zurück, wenn Du Dich veränderst. Wenn Du weich wirst. Wenn Du bleibst, wo du früher gegangen wärst. Oder wenn Du Dich plötzlich heftig verliebst und auf einmal so unfassbar intensiv fühlst, wie Du es vorher noch nie konntest. Dann flippen sie aus. Sie rebellieren, sabotieren, sie klammern sich an die Türklinke. Sie sagen Sätze wie: „Was, wenn Du Dich irrst?", „Was, wenn Du wieder verletzt wirst?“ Oder mein Favorit: „Bleib besser hier. Hier kennst Du Dich wenigstens aus.“ Aber irgendwann merkt man, dass sie nicht mehr passen. Und das ist die Stelle, an der man loslässt und springt.

Donnerstag, Juli 17, 2025

trauma.

Trauma werden im Körper gespeichert. Ganz tief eingebrannt im emotionalen Gedächtnis. Mein System hat damals gelernt: Etwas, das ich liebe, kann mir von einer Sekunde auf die andere genommen werden. In einem einzigen Wimpernschlag. Diese Erfahrung prägt, oft unbewusst und ich merke jetzt plötzlich, sie wird genau dann wieder spürbar, wenn man erneut liebt. Wenn es wieder wichtig wird. Wenn man wieder etwas zu verlieren hat. Es ist nicht irrational. Es ist Erinnerung.

Und gerade ist da der tiefe Wunsch, etwas festzuhalten. Aber ich kann verdammt nochmal nichts festhalten, niemand kann das. Was bleibt, ist das Jetzt. 
Und die Entscheidung. Ich will ihn behalten. Fürs Jetzt. Für später. Für alles.

Mittwoch, Juli 16, 2025

monster.

Du liegst neben mir. Es ist schon spät. Dein Arm unter meinem Kopf, Deine Hand folgt meinen Konturen in der Dunkelheit. Ich schaue an die Wand vor mir. Wie blau sie ist, so blau wie ich mir das Wasser vorstelle, dass einsame Inseln irgendwo im Pazifik umspült. Immer und immer wieder Wellen bildet und eine so wunderbare Ruhe ausstrahlt. Meine Hände ruhen auf seiner Brust, genau über seinem Herz. Es pocht stark.

Eingenistet hat er sich dort, der Schmerz, als wenn ich ihm gehören würde, wie ein alter Bekannter. Vielleicht ist er gar nicht alleine. Vielleicht hat er Gleichgesinnte gefunden und sie alle zu mir mitgenommen. Manchmal stelle ich sie mir vor wie kleine schwarze Ungeheuer. Die Sorte, die einen beim ersten Mal ungeheuerlich erschreckt. Aber nach und nach gewöhnt man sich an ihren Anblick, irgendwann gehören sie irgendwie dazu. Sie schlafen oft, in ihrer Höhle in meiner Brust. Tagelang, manchmal sogar Wochen. Aber ihr Schlaf ist leicht. Es reicht schon der Signalton meines Handys und sie spitzen die Ohren.

Und schon ist einer von ihnen wach, fängt an zu nagen, an mir. In mir. Die anderen gesellen sich zu ihm, schicken Gedanken und Erinnerungen in meinen Kopf. Schuldgefühle, Reue. So viele Dinge, die mir in den Kopf steigen, dass die Tränen manchmal von ganz alleine herausgedrückt werden. Ich liege auf der Seite, schaue seinen Rücken an. Seinen makellosen Rücken, ganz ohne Kratzer. Male Muster nach, als wäre er die Leinwand für meine Gedanken. Er schläft schon, atmet gleichmässig, friedlich. Langsam rutsche ich näher an ihn ran, lege meinen Arm um ihn und verberge mein Gesicht in seinem Nacken.

Die kleinen Monster in mir fauchen. Sie mögen seine Wärme nicht, seine Hände, die sich nun in meine falten. Sie mögen es nicht, dass er sie taub macht. Langsam vergesse ich sie und das Zwicken in meinem Brustkorb. Ich konzentriere mich nur noch auf ihn, sein leises Schnarchen, die Wärme seiner Haut. 

Ich drifte davon, auf eine Insel im Pazifik, wo uns blaue Wellen umspülen. Blaue Wellen und absolute Ruhe.

Donnerstag, Juli 10, 2025

zu spät.

Wir sagen es so leicht, schieben es vor uns her, vertrösten uns mit „bald“ und „vielleicht“. Doch das Leben hat keinen Kalender für unsere Pläne. Es fragt nicht, ob wir schon so weit sind. Und manchmal ist das Leben schneller vorbei, als wir es begreifen können. Eben noch voller Pläne, voller Energie, voller „Ich will noch...“ und dann ist da plötzlich nichts mehr. Kein nächstes Mal. Kein Gespräch mehr. Kein später. Kein nächste Woche. Jetzt ist da Stille. Was bleibt, ist ein Nachklang. Und die Erinnerung, dass nichts sicher ist, außer dem, was wir heute tun. Irgendwann ist irgendwann zu spät. Immer. 

Montag, Juli 07, 2025

kindheit.

Krass, heute ist mein Geburtstag und es ist das allererste Mal, dass ein Anruf fehlen wird. Kein vertrautes „Na, mein Kind“ am frühen Morgen, kein liebevoller, manchmal holpriger Gesang durchs Telefon. Ich wusste, dass dieser Moment irgendwann kommen würde. Aber heute ist er da und es fühlt sich leer an. Sehr Traurig. Still. Und in mir bricht etwas auf, das ich kaum halten kann. Es fühlt sich an wie das letzte Stück Kindheit, das leise verschwindet.

Und doch ist da auch etwas anderes: jemand Neues tritt an meine Seite. Mit ihm entsteht gerade etwas, das mich wirklich tief berührt, bewegt, aufwühlt und ziemlich sehr doll glücklich macht. Es ist ein seltsames Gefühl, beides gleichzeitig zu tragen: den Abschied und den Anfang. Das Fehlen und das langsame Ankommen. Aber vielleicht ist genau das Leben.

Freitag, Juli 04, 2025

0,1 Prozent.

Ich kann aufgeben, resignieren. Den Schalter umlegen, nichts mehr spüren, still sein. Mich einrollen ins Vertraute, abstumpfen, verlaufen. Oder ich lasse es zu. Das Zittern. Das Fühlen. Das Wieder-Aufmachen. Ich kann mich verstecken hinter Vernunft, Chancen vorbeiziehen lassen wie verspätete Züge, und innerlich Beifall klatschen für das Verpassen. Kann tanzend durch die Nacht stolpern, betäubt, ohne zu wissen, ob ich überhaupt tanze oder nur falle. Wenn alles zu viel wird, kann ich auch anders: Den Riegel vorschieben. Den Lärm sortieren. Die Gurkentruppe streicheln und die Papierberge neu ordnen, als wäre das Leben eine Excel-Tabelle mit Sinnspalte. Oder ich kann unvernünftig sein. Und an meinen Träumen festhalten, weil genau das vernünftig ist.

Ich kann Dich küssen, obwohl Deine Lippen mir Angst machen. Vor dem Verlieben und dem was darauf folgen mag. Kann Dir erzählen von meinen Träumen und Dir sagen, dass Träume dafür da sind um sie wahr zu machen. Kann realisieren, dass es sich alleine gar nicht mal so schön lebt auf Dauer und Dich hineinlassen in das, was ich mein Leben nenne. Kann Dir zuhören, wie Du meine Talente lobst, wie Du über meine Witze lachst und die Geschichten meines Lebens, die ab und an nach einem wirklich schlechten Independent Film klingen, aber dennoch wahr sind, feierst. Kann zuhören, wenn Du mir von Dir erzählst, Deiner Leidenschaft, Deinen verdammten Ängsten, die meinen so ähnlich sind. Und wenn Du bleibst, kann ich vielleicht aufhören, gegen mich selbst zu kämpfen.

Und wenn Du meine Wunden küsst und meinen Bauch, könnte ich heulen vor Glück und Panik und Gefühlen und Angst, vor diesem Jetzt, das so viel will. Aber vielleicht kann ich es auch einfach zulassen. Die Panik beiseite schieben, wie einen zu engen Mantel. Und wenn ich aufwache, eingekuschelt in Deinen Armen, kann ich vielleicht endlich wieder sehen, was wichtig ist im Leben. Dass es viel mehr ums Leben geht, um das am Leben sein, als um die Panik, die Niederlagen und das Aushalten. Wer hätte gedacht, dass 0,1 % reichen, um alles zu verändern und zwei Leben einmal komplett auf den Kopf zu stellen?

Und wenn Du bleibst, kann ich aufhören, gegen mich selbst zu kämpfen.