Samstag, Dezember 28, 2024

gefühle.


Gefühle binden Menschen, dachte ich immer.

Ich weiß nicht was es ist, was es war, wie es gewesen wäre oder wie es wird. Jedoch weiß ich, dass Gefühle nicht sterben können. Sie schlafen vielleicht, werden überdeckt, verdrängt – doch sie können jederzeit geweckt werden. Echte Gefühle sterben nicht. Ich glaube nicht, das Menschen sich ändern, sondern das sie geprägt werden. Man wächst an Situationen und Erfahrungen, guten oder schlechten. Sie formen einen. Das Leben ist wie ein Puzzle, ein unfertiges Bild. Jede Erfahrung ist ein Puzzleteil, jedes Gefühl und sogar Menschen können zu Puzzleteilen werden, fest verankert, denn ohne sie wäre das Puzzle nicht komplett. Jede Erinnerung ist ein Teil, welches zum kompletten Bild beiträgt. Diese besagten Puzzleteile sind individuell geformt. Manche Menschen hinterlassen Spuren, die unauslöschlich sind. Sie sind Teile, die sich perfekt einfügen, einzigartig und unverzichtbar.

Manchmal, jedoch, passen diese Teile nicht nur in ein Bild. Sie gehören zu mehreren Puzzles, zu mehreren Geschichten. Andere hingegen sind so speziell, dass sie nur in dein eigenes Puzzle passen. Wir bestimmen die Farben dieses Bildes, die Formen, die Schattierungen – und doch gibt es Elemente, die wir nicht beeinflussen können.

Ich bin glücklich und zugleich auch traurig. Ich bin dabei herauszufinden, wie das funktioniert. Vielleicht ist das glückliche Traurigkeit oder trauriges Glücklichsein? Ich schätze es ist egal, wie man es nennt. Es zählt nur, was wir spüren. Gefühle geschehen einfach. Sie überrollen uns manchmal, und wir können sie nicht steuern. Aber sie wollen gefühlt werden, und wir müssen lernen, mit ihnen umzugehen. Denn das ist Leben, oder? Zu fühlen. Gefühle auszudrücken. Sie zu akzeptieren. Sie zu teilen.

Gefühle können von anderen Menschen oder Situationen beeinflusst werden. Und genau das ist es: sich selbst zu fühlen, andere fühlen zu lassen. Sich in ein Netz aus Gefühlen einzuwickeln, nur um von jemandem daraus befreit zu werden – von jemandem, der versteht, was man fühlt. Jemandem, der nicht wegschaut, sondern bleibt.

Gefühle binden Menschen, dachte ich immer. Doch genauso können sie trennen. Wenn zwei Menschen nicht dasselbe fühlen. Wenn einer dachte, der andere fühlt genauso. Gefühle können täuschen. Und am schwierigsten ist es oft, sie überhaupt einzugestehen. Die meisten von uns tragen eine Maske, verstecken, was wirklich in ihnen vorgeht. Aus Angst, aus Scham, aus Gewohnheit.

Aber was wäre, wenn wir diese Masken einfach ablegen? Nur für einen Moment. Was wäre, wenn wir uns öfter zeigen, wie wir wirklich sind – roh, verletzlich, unbeholfen, echt? Vielleicht wären unsere Verbindungen dann klarer, tiefer, ehrlicher. 

Donnerstag, Dezember 26, 2024

am ende eines Lebens.

Als ich das erste Mal das Zimmer meiner Oma im Pflegeheim betrete, musste ich Tränen runterschlucken. 14 Quadratmeter und eine kleine Nasszelle – das ist alles, was von einem Leben übrig bleibt, das so reich an Geschichten, Erinnerungen und Dingen ist. Ein paar Bilder an der Wand, ein paar Fotobücher und eine Decke, die nach Zuhause riecht – das war's.

Ich sehe mich um und erinnere mich an ihre gemütliche Wohnung, die immer nach ihr duftete. Die Kommode voller Fotos, die Schubladen mit all den Kleinigkeiten, die sie aufgehoben hat, weil sie ihr etwas bedeuteten. Jetzt ist davon kaum etwas übrig. Die Wohnung ist verweist. Wirkt kühl und seelenlos. 60Jahre in diesen Wänden. Es fühlt sich so endgültig an.

Aber dann sehe ich sie, wie sie da auf ihrem Bett sitzt. Ihre Augen sind müde, aber wenn ich ihre Hand halte, spüre ich noch immer die Wärme, die mich mein ganzes Leben begleitet hat. Es ist nicht die Größe des Zimmers, die zählt, denke ich, sondern die Momente, die wir noch teilen können.

Es bricht mir das Herz, dass sie ihr Zuhause hinter sich lassen muss, aber vielleicht ist dieses Zuhause nicht an einen Ort gebunden. Vielleicht liegt es in den Menschen, die sie lieben, in den Geschichten, die wir noch erzählen, und in den Erinnerungen, die ich mit ihr trage – selbst in diesen 14 Quadratmetern.

Donnerstag, November 28, 2024

Montag, November 25, 2024

kopfkrieger.

Die Kopfkrieger, gerüstet mit Gedanken an die Zukunft und mein eigenes Wohl. Ich versuche mir zu erklären, dass das nichts zu bedeuten hat, dass Du jemand von vielen bist. Ich stelle mir das wie eine Liste vor, eine Liste mit einer Menge Namen und irgendeiner ist deiner – nichts besonderes, genau wie die anderen in Helvetica, Schriftgröße 12.

Sonntag, November 17, 2024

durchgespielt.

Demenz. Kannst Du nichts machen. Ich habe das durchgespielt. Dachte ich. Ich dachte, ich hätte mich von dem Menschen verabschiedet, wie ich ihn kannte, sei vorbereitet und könnte akzeptieren, dass sie sich durch diese Krankheit nach und nach auflöst. Einfach im Nebel verschwindet bis auf die Hülle. Ein Abschied auf Raten. Und plötzlich geht das alles so verdammt schnell. Von null auf Hundert. Wie kann jemand, der immer so viel Leben, so viel Liebe war, plötzlich alles vergessen? Alles, was sie war – ihre Geschichten, ihr Lachen, ihre kleinen Marotten – ausradiert. Vergessen. Sie war der lebendigste Mensch, den ich kenne. 

Diese Krankheit frisst eine ganze Lebensgeschichte. Und alle sind zum Zuschauen verdammt. Es lässt sich weder aufhalten noch rückgängig machen. Ich muss das von mir weghalten, auf Distanz bleiben. Sonst zerstört es mich. Ich vermisse sie und unsere stundenlangen Gespräche, wenn es ruhig in meinem Kopf wird. Also bleibe ich nicht stehen, bleibe in Bewegung, weil ich das alles nicht fühlen kann. Mein Herz ist so scheiße schwer...

Sie war immer da. Meine Konstante. 43Jahre lang. Wenn ich an Sie denke, muss ich lachen, weil da so viele schöne Erinnerungen und lustige Geschichten sind, die mir von ihr bleiben. Sie war so bemerkenswert und großartig. Man habe ich sie geliebt und vergöttert. Ich wollte immer so werden wie sie, als ich klein war und ich glaube, ich habe ein paar tolle Wesenszüge vererbt bekommen. Die Eloquenz und Positivität. 

Ich war mein ganzes Leben ihr Lieblingsenkelkind, weil ich die Erste war. Jetzt weiß sie nicht mehr, wer ich bin. 

Ich werde mich für immer an sie erinnern. Was hatte ich bitte für ein Glück?