Freitag, Dezember 05, 2025

kanten.

Manchmal falle ich kurz zurück in Räume, in denen es zugig war. In Erinnerungen, die alles andere als schön sind. In Momente, die mich geformt haben wie kaltes Eisen unter einem Hammer. Es gibt Bilder, die sich nicht verabschieden, niemals. Sie wechseln nur den Aggregatzustand, von laut zu leise, von scharf zu dumpf. Aber sie bleiben. Immer. Ich fühle den alten Schmerz. Da ist dieses verdammte Friedhofstor in meinem Kopf. Dieses Geräusch, dieses Schlagen. Es trägt bis heute eine Endgültigkeit in sich, die kein Mensch je wieder aufmachen kann. Und manchmal, wenn ich nicht aufpasse, stehe ich wieder davor. Zehn Jahre später. Sechszehn. Scheißegal. Es rüttelt irgendwo in mir. Nicht lange, nur ein Atemzug. Aber es reicht, um mich still werden zu lassen. Eine Erinnerung mit scharfen Rändern. Und dann schaue ich neben mich, in das Jetzt. In jemanden, der mich anschaut, als hätte er begriffen, dass ich manchmal an Orten stehe, die man nicht erklären kann. Und plötzlich ist da nur Präsenz. Boden. Wärme. Ein Gegenpol zu all dem, was jemals kalt war. Ich muss mich manchmal selbst kneifen, weil das Leben jetzt weicher aussieht, als es sich anfühlt. Weil ich in mir drinnen noch auf harte Kanten vorbereitet bin und stattdessen Hände finde, die halten.

Ich verschwinde manchmal für eine Sekunde. Aber ich komme zurück. Immer. Und jedes Mal ein Stück mehr ganz.

Donnerstag, Dezember 04, 2025

besinnlichkeit.

Alle krank. Überall Chaos. Ich jongliere Termine, Befindlichkeiten und Todos - versuche alle Bälle irgendwie in der Luft zu halten und nichts zu vergessen. Aber gut. Atmen, lächeln, weitermachen. Eins nach dem anderen. Manchmal ist das der einzige Plan, der funktioniert. Wer hat eigentlich mal diese famose Behauptung aufgestellt, die Vorweihnachtszeit sei besinnlich? Es ist jedes Jahr die absolute Hölle.

Mittwoch, Dezember 03, 2025

freeze.

Es ist sehr seltsam, im beruflichen Umfeld plötzlich umarmt zu werden. Vor allem, wenn man eigentlich im „professionellen Modus“ ist und der Körper fest damit rechnet, dass maximal Argumente oder Agenda-Punkte auf ihn zukommen. Aber ganz sicher keine Arme. Von jemandem, der eigentlich fremd ist. Und dann passiert es doch. Jemand lehnt sich vor, zieht Dich kurz an sich, schneller als Du reagieren kannst, und mein ganzes System macht exakt das, was es gelernt hat: Salzsäule. Reglos. Ein innerer Freeze wie aus dem Lehrbuch. Während mein Kopf denkt: „Was passiert hier? Was genau ist jetzt das Protokoll? Und wohin mit meinen Armen, ohne dass es komisch wird?“ Vielleicht liegt es daran, dass berufliche Nähe anders codiert ist. Klarer. Distanzierter. Ich mag und schätze diese Distanz. Wenn wir zusammen im Dreck gestanden haben und mindestens einmal richtig miteinander abgestürzt sind, können wir reden.

Sonntag, November 30, 2025

vertrauen .

Manche Menschen vertrauen, weil sie nie gelernt haben, es nicht zu tun. Andere misstrauen, weil sie genau wissen, wie Enttäuschung sich anfühlt. Und manchmal trifft beides aufeinander, genau in dem Moment, in dem man längst verlernt hat, jemanden wirklich hereinzulassen. Sie bleiben, selbst wenn man ihnen nicht glaubt, dass sie es ernst meinen. Und irgendwann versteht man, dass Vertrauen kein Satz ist, sondern Verhalten. Eine Handlung - leise, konstant, unbequem echt. Dazwischen entsteht ein Raum, der Nähe möglich macht. Nicht, weil man sicher ist, sondern weil man bleibt, obwohl man es nicht sein kann. Loyalität ist kein großes Wort. Kein Schwur. Sie zeigt sich in genau den Momenten, in denen man hätte gehen können und trotzdem bleibt. In der Entscheidung, nicht abzuhauen, selbst wenn der andere innerlich ab und zu noch die Fluchtwege prüft.

Donnerstag, November 27, 2025

kamera.

Manchmal kippt die Realität in eine andere Textur. Einfach… daneben. Ein halber Schritt neben der Welt, ein halber Schritt neben sich selbst. Man sieht sich handeln, sprechen, funktionieren und fragt sich, seit wann man eigentlich nur noch die Rolle spielt, die alle von einem erwarten. Die Szene läuft weiter. Die anderen reden. Und irgendwo im Off sitzt man selbst und fragt: Wann genau hat die Geschichte die Richtung gewechselt, ohne dass man es gemerkt hat? Kein Höhepunkt, kein Knall. Nur diese stille Unwirklichkeit, die wie ein Zwischenraum wirkt. Wie im Film. Nur dass die Kamera nicht aufhört zu laufen.

Dienstag, November 25, 2025

re·si·li·enz.

Ich sass da. Ein Taschentuch in der Hand und ich versuchte ums Verrecken nicht die Fassung zu verlieren. Mein Lippen zitterten. Sie fragte: "Wovor haben Sie am meisten Angst? Was kann schlimmstenfalls passieren?" Ich überlegte, erste Tränen liefen mir die Wangen runter. Ich holte tief Luft - am liebsten wäre ich gegangen -  und spürte, dass dieser Moment mich an eine Grenze führt, die ich jahrelang nicht anschauen wollte. "Ich habe Angst, völlig die Kontrolle zu verlieren. In Millionen kleine Teile auseinanderzufallen. So sehr, dass ich in meinem Alltag nicht mehr funktioniere." Dieser Satz war wie ein Schlag. BÄM! Der Damm brach.

Ich habe etwas erlebt, das viel zu groß war, um es allein zu tragen. Etwas, das ich jahrelang weggeschlossen habe, damit ich weiter funktionieren konnte - für  mich und mein Leben. Ich habe so lange durch Leistung, Kontrolle und Stärke kompensiert, dass ich irgendwann vergessen habe, wie es sich anfühlt, wirklich zu atmen. Ich habe funktioniert, gearbeitet, immer gelächelt, gehalten, was ich halten musste. Ich habe mich zusammengesetzt aus Teilen, die nie Zeit hatten zu heilen. Ich dachte immer, solange ich alles im Griff habe, bin ich sicher. Solange ich funktioniere, kann mir nichts passieren. Aber Kontrolle ist kein Halt. Kontrolle ist letztendlich nur ein beschissener Überlebensmechanismus. Und irgendwann sitzt Du dann da mit einem Taschentuch in der Hand und checkst endlich, nicht die Kontrolle hält Dich zusammen. Sondern die Angst davor, sie zu verlieren. Der Schmerz, den Du nie zugelassen hast. Die Erschöpfung, die Du nicht zeigen wolltest. 

Was hält mich eigentlich wirklich zusammen? Mein Wille. Mein Verantwortungsgefühl. Meine Fähigkeit, immer weiterzumachen, egal wie stark mir der Wind ins Gesicht bläst. Der Mut, Hilfe anzunehmen. Und ich stelle immer wieder fest, ich bin so f*cking resilient. Ich falle nicht auseinander - ich setze mich neu zusammen.

Montag, November 24, 2025

temperatursturz.

Es gab eine Zeit, in der ich Räume betreten habe wie ein Temperatursturz. Nicht absichtlich. Nicht aus Bosheit. Sondern weil Wärme gefährlicher war als Frost. Nicht laut, nicht sichtbar, aber plötzlich friert alles ein. Gefühle, Intuition, Wärme. Frostschäden inklusive. Manchmal frage ich mich, ob manche Herzen jemals gelernt haben, was Körperkontakt bedeutet, außer als Drohkulisse. Alles kontrolliert. Alles glattgezogen. Alles funktional. Und genau darin liegt das Absurde. Kälte fühlt sich nur so mächtig an, bis man merkt, dass sie nichts erschaffen kann. Nur konservieren. Nur halten, was längst tot ist. Nur Räume besetzen, in denen andere längst wieder leben könnten. Ich habe mich durchs Leben bewegt wie eine perfekt temperierte Oberfläche. Klar, kontrolliert, unberührbar. Kälte war lange mein Schutzanzug, mein Muster, mein Überlebensmechanismus. Man friert nicht, solange man selbst das Eis macht. Ich habe es versucht zu verstehen. Wirklich.

Und doch…unter der Oberfläche habe ich nie aufgehört zu brennen. Es war nur niemand da, der die Hitze ausgehalten hätte oder dem ich sie zugemutet hätte. Heute weiß ich, dass die Kälte nur eine Strategie war. Kein Zuhause. Nur ein Versteck. Ich lerne gerade, wieder warm zu werden. Mit allem Risiko. Mit allen Folgen. Mit all der schönen Unordnung, die Nähe mit sich bringt. Und manchmal erschreckt mich, wie weich ich geworden bin. Wie sehr ich mich fühle und wie sehr mich jemand fühlt.

Sonntag, November 23, 2025

totensonntag.

Ich habe heute Fotos gesucht und bin stattdessen überraschend über zwei Gesichter gestolpert, die dieses Jahr verschwunden sind. Menschen, die einfach aufgehört haben mitzuspielen, während der Rest der Welt weiterlief, als hätte niemand etwas gemerkt. Heute ist Allerheiligen, und plötzlich fühlt sich alles wieder ein bisschen durchlässig an. Als würde die Zeit für einen Moment stolpern, und man steht da mit Bildern in der Hand, die erinnern, dass alles gleichzeitig nah und unendlich weit weg sein kann. Manchmal wirkt es so verdammt surreal, wie schnell ein ganzes Leben zum Foto wird. Und wie viel Raum Stille einnehmen kann.

Samstag, November 22, 2025

.

I'm not always easy to love, I know this. But thank you for choosing me anyway, every single day.

Freitag, November 21, 2025

herzöffner.

Patchwork beginnt selten mit einem Plan. Eher mit einem Moment, der wirkt, als hätte jemand vergessen, das Universum vorher zu informieren. Da steht plötzlich die Untermieterin ungeplant mittags vor einem Restaurant, schulterzuckend, selbstbewusst, als wäre es vollkommen normal, die letzte Stunde Schule einfach mal spontan ausfallen zu lassen, weil man dringend herausfinden muss, wie dieser neue Mensch ins eigene Leben passt. Kein großes Drama, keine Inszenierung. Nur dieser Blick: Hier bin ich. Und nun mal sehen, ob Du damit umgehen kannst. Ich glaube, ich war angespannter und überraschter als alle zusammen, weil ich so gar keinen Plan & keine Ahnung von Patchwork hatte. Erstaunlich, wie viel Wahrheit in solchen Zufällen steckt. Wie viel Mut. Wie viel ungeschöntes „Das bin ich“. Und dann sitzt man da zu dritt, und es wirkt nicht wie ein Test, sondern eher wie eine Improvisationsprobe, bei der alle intuitiv denselben Rhythmus finden. Keiner versucht, perfekt zu sein. Keiner gibt sich besonders pädagogisch. Da ist einfach nur Platz - am Tisch, im Gespräch, im System. Und das Kind nimmt ihn ein, so natürlich, wie Kinder das eben tun, wenn sie spüren, dass jemand kein Theater daraus macht. Und er hat das so gut gemacht, dass man fast vergessen könnte, dass Patchwork eigentlich eine Disziplin ist, für die die meisten Erwachsenen erst ein Handbuch brauchen. Er hat nicht gezuckt, nicht irritiert geschaut, nicht versucht, pädagogisch klug zu wirken. Er hat einfach Platz gemacht. Nicht nur am Tisch.

Hier war es einfach. Ein Teenie, ein Mann, ein Mittagessen. Und eine Szene, die gezeigt hat, das hier könnte funktionieren. Vielleicht gerade weil keiner versucht hat, es besonders richtig zu machen. Vielleicht ist genau das der Trick an Patchwork. Nicht diese großen Erklärungen. Nicht die Strategien. Nicht die heroischen Gesten. Sondern dieses leise, unspektakuläre Sich-Fügen. Dieses unprätentiöse:„Komm, wir probieren mal, wie sich das anfühlt.“ Und manchmal fühlt es sich überraschend richtig an. Genau deshalb. Schon irre. Es ist so viel besser, als ich es mir hätte wünschen können und jemals vorgestellt habe. Zwei Monks, dass passt wie Arsch auf Eimer. Ich liebe absolut alles daran. Ich gucke da drauf und denke mir nur, F*ck, was bin ich für ein verdammtes Glückskind? Ich bin dankbar. 

Mittwoch, November 19, 2025

landkarte.

Mein Nervensystem trägt eine Landkarte, die ich weder ausgesucht noch selbst gezeichnet habe. Linien, die nicht aus Entscheidungen bestehen, sondern aus Momenten, die zu schnell, zu laut, zu nah waren. Karten, die nicht nach Norden zeigen, sondern nach damals. Manchmal berühre ich sie nur im Vorbeigehen. Ein Geräusch, ein Schritt, ein Geruch, ein Blick zu viel und plötzlich faltet sich ein unsichtbares Terrain in mir auf. Keine Erinnerung, eher ein Beben unter der Haut. Als würde irgendwo tief drinnen eine alte Sirene anspringen. Diese Landkarte ist seltsam. Sie zeigt Schluchten, in die ich nie wieder steigen will, und Wege, die ich nur im Kopf renne, während mein Körper still bleibt. Und doch begleitet sie mich. Nicht als Geschichte, sondern als feine, vibrierende Linien, die manchmal leuchten, wenn Fremdes zu nah kommt. Ich navigiere sie geübt. Ich erkenne, wann der Boden unter mir dünner wird, wann ein Schatten zu lang ist, wann die Luft plötzlich zu schwer atmet. Ich weiß, wie man stehen bleibt, wie man weitergeht, wie man die eigene Hand im Dunkeln wiederfindet. Es ist meine Karte, auch wenn sich sie nicht gewählt habe. Und ich lerne nach wie vor, darauf Wege zu zeichnen, die nicht aus Angst entstehen, sondern aus mir selbst.

Dienstag, November 18, 2025

100!

Es ist Zeit für eine La-Ola-Welle. Machen Sie sich bereit! Dies ist nämlich der hundertste - in Zahlen 100(!) - Post im Jahr 2025. Konfettibombe!!! Ich war nie sicher, ob ich tatsächlich nochmal zurückkommen werde. Ich mochte die Welt des Micro-Bloggens ganz gern die vergangenen Jahre und habe sonst nur noch für mich geschrieben. Ich muss sagen, es macht wieder Bock und ist mittlerweile wie früher, ein Automatismus. Und selbst die Reichweite kommt wieder. Das ist spannend. 

Vor über 10Jahren hat der Ex mal pro Forma die Domain "Frau Eiskalt" für mich gekauft. Und als wir vorhin beim Essen zufällig nebeneinander gesessen haben, fragte ich ihn, ob die immer noch in seinem Besitz ist. Ist sie. Er richtet sie mir jetzt auf einem der Server ein und dann überlege ich endlich zu Wordpress umzuziehen, da hier bei Blogger viele Funktionen gar nicht mehr existieren. Könnte ein schönes Weihnachtsprojekt zwischen den Tagen werden. Mal schauen, wie weit meine Geduld dann final dafür reicht. Es ist auf jeden Fall schön, wieder hier zu sein. Willkommen zurück! Genießen wir einen Moment die Zahl 100!