Donnerstag, Januar 02, 2025

zeit.

Letzten Mittwoch hast Du meine Hand fest gedrückt und die ganze Zeit nicht losgelassen. Deine Augen haben gestrahlt und gelacht, als Du die Untermieterin und mich erkannt hast. In diesem Moment warst Du ganz da. Du konntest es gar nicht fassen, dass wir tatsächlich da sind trotz der großen Entfernung. Du hast gelächelt und gesagt: „Ich komme euch bald besuchen.“

Zwischendurch bist Du immer wieder im tiefen Nebel verschwunden, und ich habe jede Deiner Bewegungen beobachtet. Deinen Blick, der ins Leere glitt. Deine Hände, die so vertraut und doch so zerbrechlich wirkten. Ich wollte mir jedes Detail genau einprägen, als könnte ich damit die Zeit anhalten. Es hat Dich sichtlich Kraft gekostet, Dich zu konzentrieren, bei uns zu bleiben, diesen Moment mit uns zu teilen. Beim Abschied habe ich Dich immer wieder fest umarmt und geküsst. Am liebsten hätte ich Dich überhaupt nicht losgelassen – weil ich nicht wusste, ob es vielleicht das letzte Mal ist.

Seit Samstag hat sich Dein Zustand rapide verschlechtert. Du isst und trinkst kaum noch, selbst die Tabletten bleiben nicht in Dir. Dein Körper ist voller Wasser, und Du bist so verändert. Abwesend. Du möchtest nicht mehr aufstehen. Alle machen sich große Sorgen – auch die Pflegekräfte. Am Telefon hat meine Mutter heute geweint. Sie sucht noch nach Erklärungen, nach einem Schuldigen, klammert sich an die Hoffnung, dass es doch noch besser werden könnte. Aber sie hat auch das ausgesprochen, was ich schon länger denke, aber nicht wahrhaben wollte: Dein Körper hat wahrscheinlich keine Kraft mehr.

Du bist müde. Ich sehe es. Wir alle sehen es. Und es bricht mir das Herz. Aber vielleicht ist es jetzt Zeit, loszulassen – auch wenn es noch so weh tut. Du hast so viel gegeben, so viel geliebt. Du bist so wichtig für uns. Und das wirst Du immer bleiben.

Samstag, Dezember 28, 2024

gefühle.


Gefühle binden Menschen, dachte ich immer.

Ich weiß nicht was es ist, was es war, wie es gewesen wäre oder wie es wird. Jedoch weiß ich, dass Gefühle nicht sterben können. Sie schlafen vielleicht, werden überdeckt, verdrängt – doch sie können jederzeit geweckt werden. Echte Gefühle sterben nicht. Ich glaube nicht, das Menschen sich ändern, sondern das sie geprägt werden. Man wächst an Situationen und Erfahrungen, guten oder schlechten. Sie formen einen. Das Leben ist wie ein Puzzle, ein unfertiges Bild. Jede Erfahrung ist ein Puzzleteil, jedes Gefühl und sogar Menschen können zu Puzzleteilen werden, fest verankert, denn ohne sie wäre das Puzzle nicht komplett. Jede Erinnerung ist ein Teil, welches zum kompletten Bild beiträgt. Diese besagten Puzzleteile sind individuell geformt. Manche Menschen hinterlassen Spuren, die unauslöschlich sind. Sie sind Teile, die sich perfekt einfügen, einzigartig und unverzichtbar.

Manchmal, jedoch, passen diese Teile nicht nur in ein Bild. Sie gehören zu mehreren Puzzles, zu mehreren Geschichten. Andere hingegen sind so speziell, dass sie nur in dein eigenes Puzzle passen. Wir bestimmen die Farben dieses Bildes, die Formen, die Schattierungen – und doch gibt es Elemente, die wir nicht beeinflussen können.

Ich bin glücklich und zugleich auch traurig. Ich bin dabei herauszufinden, wie das funktioniert. Vielleicht ist das glückliche Traurigkeit oder trauriges Glücklichsein? Ich schätze es ist egal, wie man es nennt. Es zählt nur, was wir spüren. Gefühle geschehen einfach. Sie überrollen uns manchmal, und wir können sie nicht steuern. Aber sie wollen gefühlt werden, und wir müssen lernen, mit ihnen umzugehen. Denn das ist Leben, oder? Zu fühlen. Gefühle auszudrücken. Sie zu akzeptieren. Sie zu teilen.

Gefühle können von anderen Menschen oder Situationen beeinflusst werden. Und genau das ist es: sich selbst zu fühlen, andere fühlen zu lassen. Sich in ein Netz aus Gefühlen einzuwickeln, nur um von jemandem daraus befreit zu werden – von jemandem, der versteht, was man fühlt. Jemandem, der nicht wegschaut, sondern bleibt.

Gefühle binden Menschen, dachte ich immer. Doch genauso können sie trennen. Wenn zwei Menschen nicht dasselbe fühlen. Wenn einer dachte, der andere fühlt genauso. Gefühle können täuschen. Und am schwierigsten ist es oft, sie überhaupt einzugestehen. Die meisten von uns tragen eine Maske, verstecken, was wirklich in ihnen vorgeht. Aus Angst, aus Scham, aus Gewohnheit.

Aber was wäre, wenn wir diese Masken einfach ablegen? Nur für einen Moment. Was wäre, wenn wir uns öfter zeigen, wie wir wirklich sind – roh, verletzlich, unbeholfen, echt? Vielleicht wären unsere Verbindungen dann klarer, tiefer, ehrlicher. 

Donnerstag, Dezember 26, 2024

am ende eines Lebens.

Als ich das erste Mal das Zimmer meiner Oma im Pflegeheim betrete, musste ich Tränen runterschlucken. 14 Quadratmeter und eine kleine Nasszelle – das ist alles, was von einem Leben übrig bleibt, das so reich an Geschichten, Erinnerungen und Dingen ist. Ein paar Bilder an der Wand, ein paar Fotobücher und eine Decke, die nach Zuhause riecht – das war's.

Ich sehe mich um und erinnere mich an ihre gemütliche Wohnung, die immer nach ihr duftete. Die Kommode voller Fotos, die Schubladen mit all den Kleinigkeiten, die sie aufgehoben hat, weil sie ihr etwas bedeuteten. Jetzt ist davon kaum etwas übrig. Die Wohnung ist verweist. Wirkt kühl und seelenlos. 60Jahre in diesen Wänden. Es fühlt sich so endgültig an.

Aber dann sehe ich sie, wie sie da auf ihrem Bett sitzt. Ihre Augen sind müde, aber wenn ich ihre Hand halte, spüre ich noch immer die Wärme, die mich mein ganzes Leben begleitet hat. Es ist nicht die Größe des Zimmers, die zählt, denke ich, sondern die Momente, die wir noch teilen können.

Es bricht mir das Herz, dass sie ihr Zuhause hinter sich lassen muss, aber vielleicht ist dieses Zuhause nicht an einen Ort gebunden. Vielleicht liegt es in den Menschen, die sie lieben, in den Geschichten, die wir noch erzählen, und in den Erinnerungen, die ich mit ihr trage – selbst in diesen 14 Quadratmetern.

Donnerstag, November 28, 2024

Montag, November 25, 2024

kopfkrieger.

Die Kopfkrieger, gerüstet mit Gedanken an die Zukunft und mein eigenes Wohl. Ich versuche mir zu erklären, dass das nichts zu bedeuten hat, dass Du jemand von vielen bist. Ich stelle mir das wie eine Liste vor, eine Liste mit einer Menge Namen und irgendeiner ist deiner – nichts besonderes, genau wie die anderen in Helvetica, Schriftgröße 12.

Sonntag, November 17, 2024

durchgespielt.

Demenz. Kannst Du nichts machen. Ich habe das durchgespielt. Dachte ich. Ich dachte, ich hätte mich von dem Menschen verabschiedet, wie ich ihn kannte, sei vorbereitet und könnte akzeptieren, dass sie sich durch diese Krankheit nach und nach auflöst. Einfach im Nebel verschwindet bis auf die Hülle. Ein Abschied auf Raten. Und plötzlich geht das alles so verdammt schnell. Von null auf Hundert. Wie kann jemand, der immer so viel Leben, so viel Liebe war, plötzlich alles vergessen? Alles, was sie war – ihre Geschichten, ihr Lachen, ihre kleinen Marotten – ausradiert. Vergessen. Sie war der lebendigste Mensch, den ich kenne. 

Diese Krankheit frisst eine ganze Lebensgeschichte. Und alle sind zum Zuschauen verdammt. Es lässt sich weder aufhalten noch rückgängig machen. Ich muss das von mir weghalten, auf Distanz bleiben. Sonst zerstört es mich. Ich vermisse sie und unsere stundenlangen Gespräche, wenn es ruhig in meinem Kopf wird. Also bleibe ich nicht stehen, bleibe in Bewegung, weil ich das alles nicht fühlen kann. Mein Herz ist so scheiße schwer...

Sie war immer da. Meine Konstante. 43Jahre lang. Wenn ich an Sie denke, muss ich lachen, weil da so viele schöne Erinnerungen und lustige Geschichten sind, die mir von ihr bleiben. Sie war so bemerkenswert und großartig. Man habe ich sie geliebt und vergöttert. Ich wollte immer so werden wie sie, als ich klein war und ich glaube, ich habe ein paar tolle Wesenszüge vererbt bekommen. Die Eloquenz und Positivität. 

Ich war mein ganzes Leben ihr Lieblingsenkelkind, weil ich die Erste war. Jetzt weiß sie nicht mehr, wer ich bin. 

Ich werde mich für immer an sie erinnern. Was hatte ich bitte für ein Glück?


Sonntag, November 12, 2023

hitzewallungen.

Im Kino ziemlich dicht neben ihm gesessen und plötzlich solche Hitzewallungen bekommen als er seine Hand 2Stunden fest und beruhigend auf mein Bein legte. Der innere Kampf in meinem Kopf zwischendurch: "Wechseljahre, Perimenopause? Auf welche Temperatur heizen sie eigentlich Kinosäle? Verdammt hätte ich bloß den dünneren, kurzärmligen Pulli angezogen. Soll ich ihn auch anfassen? Wohin? Hand? Bein? Oh mein Gott, schwitze ich etwa??? Warum musste ich idiotischerweise auch 2(!!) Schichten MakeUp auftragen statt einer? Hilfe! Einatmen! Ausatmen! Fühlt sich eigentlich ganz gut mit ihm an..."

Ey, Dating over 40 - ich bin einfach zu lange raus aus dem Game. Ansonsten war ich sehr entspannt.

Montag, November 06, 2023

vielleicht.

Vielleicht sollten wir einfach mal unsere Augen schließen und mit großem Herzen staunen. Einfach mal losrennen statt auf der Stelle zu stehen. Mal tief einatmen statt schwer zu seufzen. Vielleicht sollten wir einfach mal laut statt leise sein. Nicht immer zweifeln, sondern einfach mal glauben. Vielleicht sollten wir keine Angst haben, verletzt zu werden und einfach mal lieben. Einfach mal tun statt lassen. Uns einfach mal trauen, uns zu zeigen wie und wer wir sind. Nicht nur davon träumen etwas zu wagen, sondern uns einfach mal wagen an unsere Träume zu glauben. Vielleicht sollten wir einfach mal Vertrauen haben. 

Vielleicht sollten wir einfach mal den Verstand verlieren, um ins reine Fühlen zu kommen. 

Samstag, November 04, 2023

mixtape.

So unendlich viele Songs, Sprachen und Zeichen um die Liebe zu beschreiben. Doch wir wissen, dass man die Liebe nicht beschreiben kann. Sie ist ein Gefühl. Für mich ist die Liebe ein Mixtape, wie eine Playlist meiner Lieblingslieder, mit Höhen und Tiefen. Tränen, Lächeln, lautem Lachen, Gänsehaut, Umarmungen, Erinnerungen und Momenten, Herzschmerz und tiefem Verlangen. 

Samstag, März 09, 2019

weltfrauentag.

Wir sitzen im Auto, die Nachrichten laufen. Ein Bericht über eine Demo zum Frauenwelttag in Düsseldorf gestern.
Die Untermieterin: "War gestern der Frauentag?"
"Ja."
"Oh nein, Mist. Ich wollte streiten."
"Du wolltest was?"
"Streiten. Mit meinen Puppen."
"Streiten oder Streiken?"
"Streiken!"
"Wofür möchtest Du genau streiken?"
"Für die Rechte der Puppen und die Erinnerungen der Kinder an ihre erste Puppe."

Ich liebe sie so so sehr und hoffe, sie kann sich diese kindliche Unbeschwertheit noch ein bisschen bewahren. 

Donnerstag, Februar 28, 2019

karneval.

Mein erstes Mal. Altweiber. Ich habe ein bisschen Angst. Mal sehen, ob ich danach eine Delfintherapie brauche. Helau!

Samstag, Februar 23, 2019

coolness.

Normalerweise bin ich selbstverständlich die Coolness in Person. Es sei denn er lächelt mich so an. Dann werde ich völlig spontan dumm und stumm - aber zurücklächeln und Unsinn erzählen geht noch. Halleluja.