Draußen wird es Frühling. Die ersten richtig schönen wärmeren und sonnigen Tage. Die Bäume explodieren in hellem Grün, die Blüten werfen mit Schönheit um sich. Vögel zwitschern, die Papageien fliegen übermütige Stunts, Kinder lachen, die Straßencafés sind voll, alles will raus, alles will wachsen. Und ich?
Ich bin so unendlich müde und fühle nichts. Weil alles zu viel ist. Ich habe diese Woche eine kleine Summe Geld geerbt. „Ein Geschenk.“ Aber mir ist nach Rückgabe. Nach Umtausch. Ich will keine Zahl auf einem Konto – ich will meine Oma zurück. Diese kleine, starke Frau. Diese Wärme, diese Stimme, dieses unverwechselbare „Na, mein Kind?“ Ich würde alles dafür geben, noch einmal mit ihr Tee zu trinken. Oder zu schweigen. Einfach nur da zu sein. Scheiss auf das Geld! Da ist ein Riss im Herzen. Und diese absurde Frühlingsfülle macht es nur noch klarer: Die Welt lebt während sie tot ist. Seit nun 3Monaten.
Und ich? Ich funktioniere. Meine Uhr sagt: „Du bist verbunden mit der grenzenlosen Energie des Universums.“ Vielleicht stimmt das ja sogar. Aber heute spüre ich nur Erschöpfung. Heute bin ich nicht verbunden, sondern verloren. Nicht leuchtend, sondern leise. Und das darf sein. Vielleicht ist das meine Art von Frühling. Ein ganz langsamer, leiser. Einer, der erst unter der Haut zu blühen beginnt. Bis dahin darf ich müde sein. Ich darf fehlen lassen. Und trotzdem weitergehen.